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Francisco Fernández-Carvajal Hablar con Dios

JAHRESKREIS
29. WOCHE - MONTAG

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HABEN UND NICHT HABEN

Besitzen ist nicht das höchste Ziel.
Der Umgang mit irdischen Gütern.
Das Elend des Konsumismus.

I. Nicht alle, die unserem Herrn zuhören, schaffen es, sich ganz auf ihn zu konzentrieren und - zumindest für diese Zeit - ihre irdischen Sorgen hinter sich zu lassen. Das heutige Evangelium berichtet von jemandem, den Fragen um eine Erbschaft plagen. Anscheinend ist ein Familienzwist entstanden. Da soll der Herr vermitteln. Doch offensichtlich steht nicht der familiäre Friede, sondern das Geld im Vordergrund: Meister, sag meinem Bruder, er soll das Erbe mit mir teilen. Ein Mißklang im Kreis von Zuhörern, die nur Worte des Heiles über das Reich Gottes vernehmen. Die Antwort des Herrn ist eindeutig: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Schlichter bei euch gemacht? Und an alle gewandt: Gebt acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier. Denn der Sinn des Lebens besteht nicht darin, daß ein Mensch aufgrund seines großen Vermögens im Überfluß lebt.

Diese ungelegene und unkluge Bitte bildet bei Lukas den Hintergrund für das folgende Gleichnis. Es geht um einen reichen Mann, dessen Hauptsorge sein üppiger Ernteertrag ist: Ich weiß nicht, wo ich meine Ernte unterbringen soll. Er überlegt hin und her und entscheidet sich für eine zukunftsträchtige Lösung: er will die alten Scheunen abreißen und größere bauen. So ist er aller künftigen Sorgen ledig. Dann kann ich zu mir selber sagen: Nun hast du einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Ruh dich aus, iß und trink, und freue dich des Lebens. »Der reiche Mann dieses Gleichnisses war ohne Zweifel intelligent; er verstand sich auf sein Geschäft. Er weiß die Marktchancen zu berechnen; er berücksichtigt die Unsicherheitsfaktoren in der Natur wie im menschlichen Verhalten gebührend. Seine Überlegungen sind wohl bedacht, der Erfolg gibt ihm recht. Wenn wir das Gleichnis ein wenig ausweiten dürfen, können wir sagen, daß dieser Mensch sicher viel zu gescheit war, um ein Atheist zu sein. Gelebt aber hat er als Agnostiker: >als ob es Gott nicht gäbe<. Mit so unsicheren Dingen wie der Existenz eines Gottes beschäftigt sich ein solcher Mann nicht. Er geht mit dem Sicheren, dem Berechenbaren um. Darum ist auch sein Lebensziel sehr innerweltlich, handgreiflich: der Wohlstand und das Glück des Wohlergehens.«2

Gott unterbricht im Gleichnis den zukunftsseligen Monolog: Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern. Wem wird dann all das gehören, was du angehäuft hast?

Im Kalkül des reichen Mannes hat sich ein Denkfehler eingeschlichen. Dieser Mensch hatte seine Hoffnung allein auf irdische Güter gesetzt. Für ihn war das Wichtigste: mehr haben. Wahrscheinlich konnte er sich ein Glück ohne irdischen Besitz nicht vorstellen. Papst Paul VI. schreibt in der Enzyklika »Populorum progressio« »Mehr haben ist also weder für die Völker noch für den einzelnen das höchste Ziel. Jedes Wachstum hat seine zwei Seiten. Es ist unentbehrlich, damit der Mensch mehr Mensch werde, aber es sperrt ihn wie in ein Gefängnis ein, wenn es zum höchsten Wert wird, der dem Menschen den Blick nach oben versperrt. Dann verhärtet sich das Herz, der Geist verschließt sich, die Menschen kennen keine Freundschaft mehr, sondern nur noch das eigene Interesse, das sie gegeneinander aufbringt und entzweit. Das ausschließliche Streben nach materiellen Gütern verhindert das innere Wachstum und steht seiner wahren menschlichen Größe entgegen. Sowohl die Völker als auch die einzelnen, die von der Habsucht infiziert sind, offenbaren deutlich eine moralische Unterentwicklung.«3 Der reiche, intelligente, gescheite Bauer verdiente den Vorwurf: »Du Narr, du hast dich selbst vergessen, deine Seele und ihren unstillbaren Durst - ihr Verlangen nach Gott.«4

II. Die Heilige Schrift ermahnt uns oft, das Herz auf Gott zu richten: Darum umgürtet euch und macht euch bereit! Seid nüchtern, und setzt eure Hoffnung ganz auf die Gnade, die euch bei der Offenbarung Jesu Christi geschenkt wird, heißt es im ersten Petrusbrief. Und Paulus gibt Timotheus den Rat: Ermahne die, die in dieser Welt reich sind, nicht überheblich zu werden und ihre Hoffnung nicht auf den unsicheren Reichtum zu setzen, sondern auf Gott, der uns alles reichlich gibt, was wir brauchen. Der Apostel begründet dies: Denn die Wurzel aller Übel ist die Habsucht. Nicht wenige, die ihr verfielen, sind vom Glauben abgeirrt und haben sich viele Qualen bereitet. Auch heute erinnert uns die Kirche daran: »Alle sollen deshalb ihre Willensantriebe richtig leiten, um nicht im Umgang mit Dingen der Welt und durch die Anhänglichkeit an die Reichtümer wider den Geist der evangelischen Armut im Streben nach vollkommener Liebe gehindert zu werden. Mahnt doch der Apostel: die mit dieser Welt umgehen, sollen sich in ihr nicht festsetzen; denn die Gestalt dieser Welt vergeht (vgl. 7,31) .«8

Ein Mensch kann auf verschiedene Weise durch irdische Güter aus dem Gleichgewicht geraten. Manchmal ist es die Absicht - man wünscht sie um ihrer selbst willen, als wären sie ein absolutes Gut; manchmal der Umgang - man klebt an ihnen und tut sich schwer, durch Teilen oder durch Almosengeben andere daran zu beteiligen.

Die ungeordnete Liebe zu irdischem Besitz ist eine Fessel in der Nachfolge des Herrn, der rechte Umgang hingegen gottgewollt: »Wollt ihr stets Herr über euch selbst bleiben, dann strebt nach vollkommener Loslösung, ohne Angst, ohne Bedenken, ohne Argwohn. Ihr werdet beim Erfüllen eurer persönlichen und familiären Pflichten alle unbedenklichen irdischen Mittel mit lauterer Absicht einsetzen und dabei daran denken, daß ihr Gott, der Kirche, eurer Familie, eurer eigenen beruflichen Arbeit, eurem Land und der ganzen Menschheit dient. Haltet euch immer vor Augen, daß es ja nicht darum geht, ob einer dies hat oder jenes nicht hat, sondern darum, daß wir uns gemäß der Wahrheit unseres christlichen Glaubens verhalten, der uns lehrt, daß die geschaffenen Dinge nur Mittel sind. Wehrt euch also gegen die trügerische Illusion, in ihnen etwas Endgültiges zu sehen.«9

Sind wir dem Herrn nahe, reicht das Notwendige aus, um uns am Leben zu freuen; fern von ihm ist alles zu wenig, um das Herz, gierig nach tausend kurzlebigen Genüssen, zu befriedigen.

III. Die Kirche sieht im Eigentum ein natürliches Recht des Menschen und die Grundlage für seine Entwicklung in Würde: »Das Recht auf Eigentum bildet in der Tat eine Stütze und zugleich einen Ansporn für die Ausübung der Freiheit.«10 Dieses Recht »ist in der Natur der Dinge selbst grundgelegt, die uns belehrt, daß der einzelne Mensch früher ist als die bürgerliche Gesellschaft, und daß diese zielhaft auf den Menschen hingeordnet sein muß.«11

Nicht nur die geordnete Sorge für das Heute, auch die Sorge um die Zukunft ist legitim, ja, Bestandteil einer richtig verstandenen Klugheit. Dennoch ist die Sicherheit, die der materielle Besitz vermittelt, trügerisch: Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen. Die Sorge um das Irdische kann unmerklich unsere feste Ausrichtung auf die Schätze im Himmel aufweichen. In der Enzyklika »Solicitudo rei socialis« heißt es dazu: »Neben dem Elend der Unterentwicklung, das nicht geduldet werden kann, finden wir eine Art von Überentwicklung, die gleichermaßen unannehmbar ist, weil sie, wie die erste, im Gegensatz zum wahren Wohl und Glück steht. Denn diese Überentwicklung, die in einer übertriebenen Verfügbarkeit von jeder Art materieller Güter zugunsten einiger sozialen Schichten besteht, macht die Menschen leicht zu Sklaven des >Besitzens< und des unmittelbaren Genießens, ohne eine andere Perspektive als die Vermehrung oder den ständigen Austausch der Dinge, die man schon besitzt, gegen andere immer perfektere. Das ist die sogenannte Konsumgesellschaft oder der Konsumismus, der so viele >Verschwendung< und >Abfälle< mit sich bringt. Ein Gegenstand, den man besitzt und der von einem anderen, noch perfekteren, übertroffen wird, wird beiseitegeschoben, ohne seinen möglichen bleibenden Wert in sich selbst oder zugunsten eines anderen, ärmeren Menschen zu berücksichtigen.

Wir alle greifen mit den Händen die traurigen Auswirkungen dieser blinden Unterwerfung unter den reinen Konsum: vor allem eine Form von krassem Materialismus und zugleich eine tiefgehende Unzufriedenheit, weil man sofort erkennt, daß man - wenn man nicht gegen die Flut der Reklame und das ständig verlockende Angebot von Produkten gefeit ist - um so mehr haben möchte, je mehr man besitzt, während die tieferen Wünsche unerfüllt bleiben oder vielleicht schon erstickt sind.«14

»Das Übel liegt nicht im >Haben< als solchem, sondern in der Art und Weise des Habens, die auf die Qualität und die Rangordnung der besessenen Güter keine Rücksicht nimmt: Qualität und Rangordnung, wie sie sich aus der Unterordnung der Güter und aus deren Verfügbarkeit für das >Sein< des Menschen und seine wahre Berufung ergeben.«15

Der besorgte Bittsteller im heutigen Evangelium war wahrscheinlich während der ganzen Zeit, da Jesus über das Reich Gottes sprach, mit seinem »Haben« und »Habenwollen« beschäftigt.

Wie anders Paulus: Wir sind arm und machen doch viele reich; wir haben nichts und haben doch alles16

12,13-21. - J.Kard.Ratzinger, Auf Christus schauen, Freiburg 1989, S.19-20. - Paul VI., Enzyklika Populorum progressio, 19. - J.Kard.Ratzinger, Auf Christus schauen, Freiburg 1989, S.21. - 1,13. - 6,17. - 6,10. - II.Vat.Konz., Konst. Lumen gentium, 42. - J.Escrivá, Freunde Gottes, 118. - Johannes XXIII., Enz. Mater et magistra, 109. - ebd. - 6,19. - ebd. - Johannes Paul II., Enz. Solicitudo rei socialis, 28. - ebd. - 6,10.

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