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Francisco Fernández-Carvajal Hablar con Dios

OSTERZEIT
3. WOCHE - MONTAG

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ZEUGNIS OHNE MENSCHENFURCHT

Bekenner im Alltag.
Entschiedenes, demütiges, liebenswürdiges Engagement.
Verstehen und geduldig fordern.

I. In jenen Tagen tat Stephanus, voll Gnade und Kraft, Wunder und große Zeichen unter dem Volk. Mit diesen Worten führt uns die Lesung der heutigen Messe1 in Prozeß und Hinrichtung des ersten Märtyrers ein. In der dann beginnenden Verfolgung bewahrheitet sich Christi Voraussage, daß die Jünger ihm Zeugnis geben werden in Jerusalem, Samaria und bis an die Grenzen der Erde. »Nach dem Tod des Stephanus müssen sich die Christen zerstreuen und in das Land hinausgehen. Das Christentum macht den ersten Schritt zur Weltreligion. Die beim Pfingstbericht genannten Völker werden nun erfaßt vom Wirken des Heiligen Geistes und der Frohbotschaft.«2

Vieles erinnert an den Prozeß Jesu: Die Feinde des Stephanus bedienen sich der gleichen Mittel und fast der gleichen Worte wie damals. Falsche Zeugen sagen aus: Wir haben ihn nämlich sagen hören: Dieser Jesus, der Nazoräer, wird diesen Ort zerstören und die Bräuche ändern, die uns Moses überliefert hat.

Stephanus will den erzwungenen öffentlichen Auftritt nutzen, um mutig seinen Glauben an den Auferstandenen zu bekennen. Er überwindet die Menschenfurcht und macht aus jenem Schauprozeß ein Lehrstück für alle, die im Laufe der Geschichte Zeugnis für Christus ablegen werden. Auch wir ziehen aus der Betrachtung seiner Unerschrockenheit Nutzen, wobei uns klar ist, daß zwischen seiner Situation und der unsrigen ein großer Unterschied besteht: bei Stephanus ging es um sein Leben, bei uns geht es nur um das Risiko, anzuecken, Ärgernis zu erregen oder als Unruhestifter zu gelten.

Christen müssen immer damit rechnen, daß die jeweilige »Öffentlichkeit« kein Verständnis für ein konsequentes Christsein aufbringt. Würden sie sich dem heidnischen Lebensstil anpassen, könnten sie nicht sagen, daß sie Christus die Treue halten. Die Märtyrer sind der Extremfall der christlichen Konsequenz, der Normalfall ist der Bekenner, der - ohne sich so zu nennen - bestrebt ist, die zeitliche Ordnung christlich zu inspirieren. Papst Johannes Paul II. geht in Christifideles laici darauf ein. Die Laien »können keine Parallelexistenz führen: auf der einen Seite ein sogenanntes >spirituelles< Leben mit seinen Werten und Forderungen und auf der anderen Seite das sogenannte >welthafte< Leben, das heißt das Familienleben, das Leben in der Arbeit, in den sozialen Beziehungen, im politischen Engagement und in der Kultur.

Die Rebe, die im Weinstock Christi verwurzelt ist, trägt in allen Bereichen ihres Wirkens und Lebens Früchte. Alle verschiedenen Lebensbereiche der Laien sind im Plan Gottes inbegriffen. Er will, daß sie der >geschichtliche Ort< der Offenbarung und Verwirklichung der Liebe Jesu Christi zu Ehren des Vaters und im Dienst der Brüder und Schwestern werden. Jedes Tun, jede Situation, jede konkrete Verpflichtung (...) sind privilegierte Gelegenheiten für einen >ständigen Vollzug von Glaube, Hoffnung und Liebe< (2.Vat.Konzil, Dekret über das Laienapostolat, Nr.4).«3

Die Gefahr liegt in der Versuchung gedankenlosen Mitmachens, in der Übernahme gängiger Wertungen oder heidnischer Einstellungen. Hier gilt das Wort des Herrn: Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem Vater im Himmel verleugnen.4

Der heilige Pfarrer von Ars sagt in einer Predigt: »Wißt ihr, welche die erste Versuchung ist, die der Teufel einem Menschen eingibt, der Gott besser dienen möchte? Die Menschenfurcht!«5 Wie ist unser Verhalten im Umgang mit Freunden und Kollegen? Wie benehmen wir uns im Beisein anderer? Ist die Gotteskindschaft für uns so selbstverständlich, daß sie Courage, Natürlichkeit und Gelassenheit mit sich bringt?

II. Es scheint zum »guten Ton= zu gehören, auf die Frage nach dem Sinn des Lebens - wenn überhaupt - nur mit kühler Distanz zu antworten, als wären der Himmel - das Ziel des Menschen - und die Hölle - das absolute Scheitern eines Lebens - nur märchenhafte Phantasien aus der Kinderwelt Das Gespür für ein notwendiges Engagement zugunsten nicht verfügbarer Werte - etwa für das Leben Ungeborener - ist bei vielen verlorengegangen. Wenn andere sich ernsthaft engagieren, dann sind sie schnell mit Abqualifizierungen wie Fanatiker, Querköpfe oder gar Reaktionäre bei der Hand.

Wer in seinem Glauben verankert lebt, läßt sich durch solche Anwürfe aber nicht verunsichern. Die Leidenschaft für das Gute ist ein Zeichen inneren Reichtums. Manche Forderung nach »weniger Fanatismus« ist nur das Eingeständnis eines ausgetrockneten Glaubens und einer gleichgültigen Haltung gegenüber dem Nächsten. Stärke im Glauben und Interesse für die Mitmenschen führen zu einem Engagement in der Gesellschaft, das so leidenschaftlich wie demütig, so entschieden wie liebenswürdig ist. Dennoch ist es wahr: hier müssen wir Christen aufpassen, daß Leidenschaft für den Glauben und für seine sozialen Konsequenzen niemals in Verbissenheit, mit der etwa Ideologen ihre Vorstellungen durchzusetzen suchen, ausartet.

Man hat von der »Stunde der Laien« gesprochen. Denn das christliche Zeugnis ist besonders »im täglichen Leben, so in Familie, Arbeitsplatz, weltlicher Tätigkeit und Freizeit«6 nötig. In. der komplexen Realität des Weltlebens »ereignet sich jeden Augenblick das Drama von Fall und Erlösung im Innersten einer jeden Seele. Da bricht Gottes Reich geheimnisvoll und voller Gnade immerfort an, da wirkt Christus, wo immer das Mysterium seines Kreuzes in der Eucharistie gefeiert, wo im Sakrament ein Mensch in seinem Blut reingewaschen, wo Kirche durch seinen Geist lebendig wird.

Nicht Fernweh packt den, der liebt, der sich die Sache seines Bruders zu eigen macht. Ihn packt vielmehr ein >Nahweh<, weil er seine Sendung darin sieht, des anderen Last zu tragen (vgl. Gal 6,2).«7

Welche Last ist gemeint? Alles Dunkle und Beschwerliche im Leben, das - ohne Innerlichkeit, ohne Glauben - keinen Sinn macht und uns niederbeugt. Und wie es tragen? Wir können unseren Brüdern und Schwestern nicht die Last abnehmen, wohl aber ihnen helfen, sich dem Licht zu öffnen und Halt zu finden. Diese Aufgabe - »die Welt mit dem Licht und Leben Christi zu durchdringen und umzugestalten«8 ist so liebenswert, daß es sich lohnt, sie entschieden anzupacken, trotz Anfeindungen der einen oder Gleichgültigkeit der anderen. »= 8 - ist so liebenswert, daß es sich lohnt, sie entschieden anzupacken, trotz Anfeindungen der einen oder Gleichgültigkeit der anderen. Wir müßten eigentlich wie ein Wünschelrutengänger in der zweiten Evangelisation in jedem Menschen die Stelle zu entdecken versuchen, an der seine menschliche Natur grundsätzlich in Jesus Christus von der göttlichen Natur berührt ist. Das ist die Stelle im Menschen, die nur mit Gott auszufüllen ist und die sich nach außen hin in den sogenannten Ursehnsüchten des Menschen zeigt. Diese verborgenen Stellen im Menschen gilt es zu entdecken. Wir brauchen also nicht produktiv zu sein, indem wir den Gottesglauben produzieren, das können wir ohnedies nicht, sondern indem wir den verborgenen Gottesglauben im Menschen entbinden, entdecken. Diese verborgene Stelle ist Grund für unsere Hoffnung für jeden Menschen Europas und darüber hinaus.«9

III. Nicht nur Taubheit und Unverständnis, sondern auch Hohn und Feindschaft können uns entgegenschlagen. Wie leicht ist es, sich dann an das Wort des Herrn zu erinnern: In der Welt seid ihr in Bedrängnis! Doch er sagte auch: Habt Mut: Ich habe die Welt besiegt. Inmitten von Schwierigkeiten, Verständnislosigkeit oder gehässiger Kritik werden wir den Herrn um seine Gnade bitten und, so gestärkt, unsere apostolische Arbeit gelassen und geduldig fortsetzen. Auch Christus hat es bei der Verkündigung der Frohen Botschaft nicht nur mit gutwilligen Menschen zu tun gehabt; auch die Apostel und die Christen der Urzeit mußten sich mit einer feindseligen Atmosphäre auseinandersetzen. Deshalb dürfen uns die Schwierigkeiten des Milieus weder überraschen noch überrumpeln. Der selige Josemaría Escrivá, der im Umgang mit solchen Hindernissen erfahren war, schreibt: »Ich verstehe deine Schlaffheit nicht. Da stößt du auf eine Gruppe von Kameraden, die im Umgang etwas schwieriger sind - vielleicht kommt es auch daher, daß du dich längere Zeit nicht um sie gekümmert hast -, gleich gehst du ihnen aus dem Weg, drückst dich und hältst sie für nichts weiter als Ballast; sie scheinen deinem Apostolat hinderlich, weil unfähig, dich zu verstehen.

Aber wie sollen sie auf dich hören, wenn du für sie weder betest noch Opfer bringst, ja nicht einmal das Gespräch mit ihnen suchst?«12

Gelegentlich kann uns auch die Überlegung helfen, daß keine Mauer ewig hält. Vorurteile und Intoleranz können - wenn auch nicht immer - nach und nach verschwinden. In dieser Hoffnung beten wir für jene, die uns nicht verstehen, und begegnen ihnen offen, selbstlos und mit lauterer Gesinnung.

Es wäre andererseits fahrlässig, Stimmungen und Meinungen um uns nicht zu kennen. Denn nur so können wir Denken und Fühlen unserer Mitmenschen erreichen. Dies ist etwas anderes, als sich solchen Stimmungen und Meinungen auszuliefern und eigenes Denken und Handeln von den jeweiligen Trends und Moden abhängig zu machen. Dies wäre keine Klugheit, sondern Oberflächlichkeit, Verschwommenheit der Überzeugung und Unbeständigkeit des Charakters - Eigenschaften, die schon vom rein Menschlichen her unangenehm sind.

Wer seinen Blick verlegen auf die Umgebung richtet, verliert die Fähigkeit, unverstellt auf Gott zu schauen. Sein einziger Wunsch ist dann, sich Unannehmlichkeiten zu ersparen, das eigene Image kleinlich zu behüten, nur »mit der Zeit zu gehen« nur keinen Kunden zu verschrecken.»Die Worte des heutigen Antwortpsalms weisen auf das Heilmittel gegen solches Zaudern hin: Wenn auch Fürsten gegen mich beraten: dein Knecht sinnt nach über deine Gesetze. Deine Vorschriften machen mich froh; sie sind meine Berater.13

Die Fürsten - das sind heute all jene, die uns mit subtiler Manipulation oder mit groben Repressalien gleichschalten möchten. Aber sie werden uns, Gottes Weisungen vor Augen, nicht einschüchtern können.

So überwinden wir die Menschenfurcht: mit lauterem Herzen auf Gott schauend, mit innerer Stärke, die sich von billiger Kritik nicht abschrecken läßt; mit der Freude darüber, einen Schatz weitergeben zu können; mit dem Bemühen, trotz unserer Armseligkeiten Vermittler zu sein; schließlich mit dem Wunsch, andere Menschen an unserer Freude teilhaben zu lassen.

Christus predigte nicht nur eine Lehre des Heils. Er gewann die Menschen mit seiner Menschlichkeit: ein liebenswürdiges Gesicht, ein Lächeln der Anteilnahme, eine Geste der Herzlichkeit, ein ungekünsteltes Wort ... wir und unsere Mitmenschen brauchen dies, denn wir sind keine reinen Geistwesen.

»Nachdem der Meister, der in den Himmel auffährt zur Rechten des Vaters, ihnen geboten hat: >Geht hin in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen ...<, bleiben die Jünger zurück - voller Frieden, aber doch noch unschlüssig. Sie wissen nicht, was sie tun sollen und sammeln sich um Maria, die Königin der Apostel, bis sie zu nimmermüden Verkündern der Wahrheit werden, die die Welt retten wird.«14

6,8-15. - Th.Schnitzler, Die Heiligen im Jahr des Herrn, Freiburg 1989, S. 38. - Johannes Paul II., Apost.Schreiben Christifideles Laici, 30.12.88, 59. - 10,33. - Pfarrer von Ars, Predigt über die Versuchungen. - ebd. - K.M.Becker, Zur Einführung in: Die Stunde des Laien, St.Ottilien 1987, S.12. - Schlußdokument der Außerordentlichen Bischofssynode 1985, II,A,4. - J.Kard.Meisner, Wider die Entsinnlichung des Glaubens, Graz 1991, S.27. - 16,33. - ebd. - J.Escrivá, Die Spur des Sämanns, Nr.954. - 119 (118), 23-24. - J.Escrivá, Die Spur des Sämanns, Nr.232.

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