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Francisco Fernández-Carvajal Hablar con Dios

OSTERZEIT
4. WOCHE - DIENSTAG

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DAS ZEUGNIS DER URCHRISTEN

Selbstverständliche Frucht des christlichen Lebens.
Gläubig-selbstbewußt in einer heidnischen Gesellschaft.
Ein christlich geprägtes Familienleben.

I. Christus gründete seine Kirche und sandte jenen, die sie tragen sollten, den Beistand des Heiligen Geistes. Das Fundament war schwach und doch fest zugleich; denn die Apostel - weder Helden noch Gelehrte, noch Mächtige - waren treu. Viele, die die beginnende Evangelisierung beobachteten, müssen sie für sinnlos und zum Scheitern verurteilt gehalten haben. Der Glaube jedoch, die Treue und das Bewußtsein, im Auftrag des Herrn zu handeln, verbreiteten jene Lehre, so neuartig und dem heidnischen Empfinden so entgegengesetzt, allmählich über die ganze Welt.

In der heutigen Messe lesen wir, wie jene, die bei der Verfolgung nach dem Tode des Stephanus versprengt worden waren, bis nach Phönizien, Zypern und Antiochia kamen. In dieser Stadt war die Zahl der Bekehrten sehr groß, und hier nannte man die Jünger zum erstenmal Christen. Einige Jahre später finden wir die ersten Nachfolger Christi in Rom.

»Die Apostelgeschichte gibt uns zu verstehen, daß es in der Heidenmission am Anfang der Kirche zwar Missionare >auf Lebenszeit< gibt, die sich ihr aufgrund einer speziellen Berufung widmen, daß die Mission aber gleichzeitig als eine ganz selbstverständliche Frucht des christlichen Lebens, als Auftrag an jeden Gläubigen angesehen wurde, durch seine Lebensführung und wenn möglich durch ausdrückliche Verkündigung ein persönliches Glaubenszeugnis zu geben.«2

Zuerst schlug der Glaube Wurzeln in den Herzen einfacher Menschen. Paulus schreibt: Seht doch auf eure Berufung, Brüder! Da sind nicht viele Weise im irdischen Sinn, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme.3 Man könnte sie eher als kleine Leute bezeichnen: Handwerker, Hafenarbeiter, Kaufleute, Sklaven und Freigelassene. Auch Soldaten und Handelsvertreter sind darunter, und gerade ihre Beweglichkeit trägt zur raschen Ausbreitung des Glaubens bei: »In den ersten Jahrhunderten hat sich das Christentum vor allem deshalb ausgebreitet, weil die Christen auf ihren Reisen oder in ihren Niederlassungen in anderen Regionen, wo Christus noch nicht verkündigt worden war, ihren Glauben mutig bezeugten und dort die ersten Gemeinden gründeten.«4

Auch wenn die ersten Träger des Glaubens einfache Menschen waren, hören wir schon in der Apostelgeschichte von Vornehmen, die wie der Kämmerer der Königin der Äthiopier, der ihren ganzen Schatz verwaltete5, oder wie Dionysius der Areopagit6 gläubig werden. Thomas von Aquin bemerkt dazu: »Auch dies gehört zur Verherrlichung Gottes, daß er durch einfache Menschen die Erhabenen der Welt an sich gezogen hat.«7

Unter den Urchristen finden wir Menschen aus vielen Berufen. Sie mieden nur jene, die ihren Glauben hätten gefährden können: Traumdeuter, Tempelwächter, Gladiatoren ... In einer Atmosphäre, die noch ganz von heidnischen Sitten geprägt war, blieb jeder dort, wo er den Glauben gefunden hatte, bemüht, durch beispielhaftes Verhalten sein gesellschaftliches Umfeld zu prägen. »Wir bewohnen die Welt mit euch zusammen« sagt Tertullian stolz im Jahre 197, »wir besuchen euer Forum, euren Markt, eure Badestuben, eure Bazare, eure Werkstätten, eure Gasthöfe, eure Messen und eure sonstigen Handelsplätze. Auch fahren wir mit euch zusammen zur See, sind wie ihr Soldaten und Bauern, und ebenso treiben wir mit euch Handel; unser Können, unsere Erzeugnisse stellen wir allen zur Verfügung.«8

Auch heute ruft der Herr die Christen überallhin. »Du fühlst sicher Mitleid mit ihnen ... Du möchtest ihnen zurufen, daß sie ihre Zeit vergeuden ... Warum sind sie so blind und nehmen das nicht wahr, was du - ein armer Mensch - gesehen hast? Wieso entscheiden sie sich nicht für das Beste?

Bete und bringe Opfer für sie. Und dann - das ist deine Pflicht! - wecke sie einzeln und erkläre ihnen - ebenfalls jedem einzelnen! -, daß auch sie, ohne ihren Standort in der Gesellschaft zu verlassen, einen göttlichen Weg finden können, wie du ihn gefunden hast«9, schreibt der selige Josemaria Escrivá.

II. Die Christen fliehen nicht vor der Welt, sie »sind weder durch Heimat noch durch Sprache und Kleidung von den übrigen Menschen verschieden. Sie bewohnen nirgendwo eigene Städte, bedienen sich keiner abweichenden Sprache und führen auch kein absonderliches Leben (...). Sie bewohnen Städte von Griechen und Nichtgriechen, wie es einem jeden das Schicksal beschieden hat, und fügen sich der Landessitte in Kleidung, Nahrung und in der sonstigen Lebensart, legen aber dabei einen wunderbaren und anerkanntermaßen überraschenden Wandel in ihrem bürgerlichen Leben an den Tag.«10 Im »Brief an Diognet« aus dem 3. Jahrhundert faßt der unbekannte Verfasser zusammen: »Was im Leibe die Seele ist, das sind in der Welt die Christen.«11

Der beseelende Einfluß des Glaubens wird nicht nur in kleinen Kreisen, sondern im ganzen Reich spürbar. »Der Glaube nivelliert die Klassen und hebt die sozialen Unterschiede auf, während die römische Gesellschaft darauf aus war, sich abzuschließen und Trennwände aufzurichten. Herren und Sklaven, Reiche und Arme, Patrizier und Philosophen kommen zusammen und vereinigen sich in einer tieferen Gemeinschaft als der des Blutes oder der Kultur. Sie alle finden sich darin, daß sie gemeinschaftlich und persönlich eine Wahl getroffen haben, die es ihnen ermöglicht, einander in Wahrheit >Bruder< und >Schwester< zu nennen. Was den spottsüchtigen Heiden erschüttert, ist die erstaunliche Vereinigung aller Stände in der christlichen Bruderschaft. Ob Sklave oder Bürger, alle haben sie in gleicher Weise die Seele eines freien, und das Bewußtsein dieser Gleichheit ist so stark, daß kaum je der Sklavenstand auf den christlichen Grabsteinen erwähnt wird.«12 Aus einigen Zeugnissen können wir auf die ernsthafte Erfüllung der staatsbürgerlichen Pflichten schließen. Justin der Märtyrer, der bedeutendste Apologet des 2. Jahrhunderts, schreibt: »Abgaben und Steuern suchen wir überall vor allen anderen euren Beamten zu entrichten, wie wir von ihm (Christus) angeleitet worden sind. (...) Wir beten zwar Gott allein an, euch aber leisten wir im übrigen freudigen Gehorsam, indem wir euch als Könige und Herrscher der Menschen anerkennen und beten, daß ihr nebst eurer Herrschermacht auch im Besitze vernünftiger Einsicht erfunden werdet.«13

Als Christen sind wir Teil der Gesellschaft, in der wir leben, und deshalb kehren wir ihr nicht den Rücken. Wir können - im Herzen der Welt - das irdische Tun mit christlichem Geist durchdringen. Je spürbarer die Ferne von Christus wird, um so dringender ist unsere Präsenz, um im Namen Christi den Menschen zu helfen, ihre alles überragende Würde nicht aufs Spiel zu setzen. »Um den Spuren Christi zu folgen, braucht ein Apostel unserer Zeit nicht als Reformer aufzutreten, geschweige denn die historischen Realitäten seiner Gegenwart zu ignorieren ... Es genügt vollauf, wie die Urchristen zu handeln, die Umwelt neu zu beseelen.«14

III. Wie fanden die ersten Christen den Weg zum Glauben? Außergewöhnliche Erfahrungen wie die des Paulus15 werden eher selten gewesen sein. Die Berichte, die uns überliefert sind, lassen uns die Hauptgründe für die Hinwendung zum Glauben ahnen. Auch die Schilderungen von heidnischen Schriftstellern - einige um Objektivität bemüht, andere mit Spott und Sarkasmus durchsetzt - helfen uns begreifen, worin die Überzeugungskraft des Glaubens lag. Es ist »zunächst die Botschaft des Evangeliums selbst, dann die gelebte Brüderlichkeit innerhalb der Gruppen und schließlich die Bezeugung der Heiligkeit bis zum Martyrium. Diese Beweggründe stehen nicht beziehungslos nebeneinander, sondern entfalten erst im Miteinander ihre vielfache Wirkung«16 - eine bedenkenswerte Anregung für uns.

= 16 - eine bedenkenswerte Anregung für uns.In dem Maße, wie sich der Glaube ausbreitete, wurde die Familie immer mehr zur Glaubensschule. »Innerhalb seiner alltäglichen Umgebung vergißt der Gläubige niemals - ob er nun allein oder mit der Familie lebt -, daß er zu einem ganzen Volk gehört, das sich auf Wanderschaft befindet. Er möchte diese Überzeugung von Herzen gern mit seinen Nächsten teilen. Welche Belastung mag es für ihn oder sie darstellen, nicht mit den liebsten, den nächsten Menschen, wie dem Vater oder dem Ehemann, über diese unsichtbare Hoffnung sprechen zu können.«17

Wir wissen aus der apostolischen Zeit von der Taufe ganzer Familien. Zu Anfang des 3. Jahrhunderts betrachtet Origenes die Gewohnheit der Kindertaufe als apostolische Überlieferung. Die Eltern geben den Glauben weiter, christliche Sitten prägen das Zuhause, die Familie wird zur tragenden Säule der Glaubensverbreitung.

Dies ist nicht zeitbedingt, sondern wesentlich. Johannes Paul II. sagte in Köln: Die Familie muß »eine Schule des Glaubens und ein Ort des gemeinsamen Gebetes sein. Ich messe gerade dem Gebet in der Familie große Bedeutung zu. Es gibt Kraft zur Bewältigung der vielfältigen Probleme und Schwierigkeiten. In Ehe und Familie müssen die menschlichen und christlichen Grundhaltungen wachsen und reifen, ohne die Kirche und Gesellschaft nicht Bestand haben können. Hier ist der erste Ort christlichen Laienapostolates und des gemeinsamen Priestertums aller Getauften.«19

Man hat gesagt, die Weitergabe des Glaubens zur Zeit der Urchristen lasse »eher lebendiges als taktisches Vorgehen erkennen«20. Papst Paul Vl. fordert die Eltern zu solcher spontanen Lebendigkeit auf: »Mütter, lehrt ihr eure Kinder die christlichen Gebete? Bereitet ihr sie in Einklang mit den Priestern auf die Sakramente der Kindheit und Jugend vor, auf Beichte, Kommunion und Firmung? Macht ihr es ihnen zur Gewohnheit, in Krankheit an das Leiden Christi zu denken, Maria und die Heiligen um ihre Hilfe zu bitten? Betet ihr zu Hause den Rosenkranz? Und ihr Väter, könnt ihr mit euren Kindern beten, mit der ganzen Hausgemeinschaft, wenigstens von Zeit zu Zeit? Euer Beispiel durch Geradheit im Denken und Tun, das von gelegentlichem gemeinsamem Beten unterstützt wird, ist Unterricht aus dem Leben, ist Gottesdienst von hohem Wert; so bringt ihr Frieden in euer Heim: >Friede diesem Hause!< Merkt es euch: So baut ihr Kirche!«21

Wieviel Christliches können wir unseren Freunden und Bekannten einfach dadurch weitergeben, daß sie mit Auge und Ohr das natürlich-christliche Fluidum unseres Familienlebens erfahren! Wie wirksam sind dann die kleinen christlichen Äußerungen in unserem Zuhause! Gebete wie der Rosenkranz, der Tischsegen, ein Kruzifix oder ein Marienbild in der Wohnung, die Weihnachtskrippe ... Pflegen wir dies und ähnliches mehr, dann tragen wir dazu bei, daß durch das Familienleben im Kleinen das Große eines Lebens aus dem Glauben erfahrbar und anziehend wird.

11,19-26. - Johannes Paul II., Enz. Redemptoris missio, 7.12.90, 27. - 1,26. - Johannes Paul II., a.a.O., 82. - vgl. 8,27. - vgl. 17,34. - Thomas von Aquin, Erläuterung zum 1. Korintherbrief. - Tertullian, Apologeticum, 42,2. - J.Escrivá, Die Spur des Sämanns, Nr.182. - Brief an Diognet, 5. - ebd. - A.Hamman, Die ersten Christen, Stuttgart 1985, S.48. - Justin, , 1,17. - J.Escrivá, Die Spur des Sämanns, Nr.320. - vgl. 9,1-19. - A.Hamman, a.a.O., S.82. - ebd., S.181. - vgl. 10,44-48;16,15;16,33; 1,16. - Johannes Paul II., Ansprache in Köln, 15.11.1980. - A.Hamman, a.a.O., S.82. - Paul VI, , 11.8.1976.

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