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Francisco Fernández-Carvajal Hablar con Dios

JAHRESKREIS
28. WOCHE - FREITAG

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DER SAUERTEIG DER PHARISÄER

Die Maske der Heuchelei.
Innere Wahrhaftigkeit.
Christus, die Quelle der Wahrheit.

I. Die Volksmenge drängte sich um Jesus. Dieser wandte sich zuerst an seine Jünger und sagte: Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer, das heißt vor der Heuchelei.

Was will der Herr damit sagen? Der Ausdruck für »Heuchler« der uns im griechischen Text des Evangeliums begegnet, bedeutet zunächst »Schauspieler« Die griechischen Schauspieler trugen eine Maske, sie verbargen ihr wahres Gesicht hinter ihr und stellten eine Person dar, die sie in Wirklichkeit nicht waren. Mit Sauerteig ist die pharisäische Geisteshaltung gemeint: die Heuchelei, das Schauspielern, »er Drang, Schein für Sein auszugeben. Der Herr warnt die Seinen: ähnlich wie der Sauerteig, der - verborgen wirkend - die Mehlmasse durchsäuert, ist die Heuchelei ansteckend.

Die folgende Äußerung bedeutet - auf den konkreten Fall bezogen -, daß dem Heuchler einmal die Maske vom Gesicht gerissen wird; wir dürfen das Wort aber auch im Sinne des Offenbarwerdens der noch verhüllten Verkündigung Jesu verstehen: Nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird, und nichts ist verborgen, was nicht bekannt wird. Deshalb wird man alles, was ihr im Dunkeln redet, am hellen Tag hören, und was ihr einander hinter verschlossenen Türen ins Ohr flüstert, das wird man auf den Dächern verkünden.2

Natürlich gab es unter den Pharisäern viele fromme und gerechte Menschen, die aufrichtig das Reich Gottes suchten. Einige von ihnen begegnen uns im Evangelium. Indessen birgt die Überbetonung des Äußeren nicht nur die Gefahr der Verstellung, sondern auch die Verzeichnung echter Frömmigkeit: man will den Splitter aus dem Auge des Mitmenschen ziehen, bemerkt aber den Balken im eigenen Auge nicht, man übersieht die wahre Herzensreinheit und ist geneigt, sich die eigene Rechtschaffenheit als selbsterbrachte Leistung zuzurechnen, ohne ein Gespür für die Geschenke Gottes. Deshalb sagt der Herr ein anderes Mal zu ihnen, sie seien wie die Gräber, die außen weiß angestrichen sind und schön aussehen; innen aber sind sie voll Knochen, Schmutz und Verwesung.

Was ist dies anders als ein Doppelleben? Masken, Schein, Lüge, die eitle Sorge, vor den Menschen, nicht vor Gott etwas zu gelten. Der Herr aber will die Seinen, denen die Wahrheit alles bedeutet, aus einem Guß.

II. Das Gegenteil von Heuchelei ist Liebe zur Wahrheit, Einheit des Lebens, Einklang zwischen innen und außen. Der Herr will, daß das Verhalten seiner Jünger von einer inneren Wahrhaftigkeit getragen wird, die sich nach außen in Glaubwürdigkeit kundtut: Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein; alles andere stammt vom Bösen5

Gedanken und Wort, Wort und Verhalten sollen in uns so sein, daß die Mitmenschen sich auf uns verlassen können, ohne die Angst, getäuscht zu werden. Wir sollen die Wahrheit lieben, sprechen und tun - fern jeder Heuchelei oder Doppelzüngigkeit. Dies ist mehr als lediglich eine Anstandsregel zur Gewährleistung eines sinnvollen menschlichen Zusammenlebens. Freilich erfordert das Bemühen, es immer - auch in scheinbar belanglosen Situationen - mit der Wahrheit zu halten, Arbeit an sich selbst. Auch dies ist Nachfolge Christi.

Das Gegenteil ist der Mann mit zwei Seelen, unbeständig auf all seinen Wegen, wie es im Jakobusbrief heißt. Ein solcher wird »schauspielern« und je nach Publikum sich so oder anders verhalten, heute dies behaupten und morgen das Gegenteil. Ein Kirchenvater sagt, dies sei bei einem Menschen der Fall, »der hier sich mit der Welt anfreunden und dort mit Gott herrschen will«.7

Gerade in unserer Zeit ist es für Christen besonders wichtig, Menschen aus einem Guß zu sein. Es gibt Situationen, in denen es innere Kraft erfordert, sich an die Wahrheit zu halten. Wir möchten stattdessen unser wahres Gesicht hinter einer Maske verbergen aus Angst, in Widerspruch zu einer herrschenden Meinung zu geraten.

Die Liebe zur Wahrheit verlangt, daß wir nicht nur die Lüge meiden, sondern auch jede Verzerrung der Wahrheit, zum Beispiel durch Übertreibung oder Prahlerei. Und die Wahrhaftigkeit schließt auch das Bemühen ein, das wahre Wort in geeigneter Weise zu sagen. Natürlich gibt es Fälle, in denen wir nicht verpflichtet sind, ja, die Gerechtigkeit es sogar verlangt, daß wir die Wahrheit nicht preisgeben, etwa wenn es um das Berufsgeheimnis geht. Auch kann es sein, daß der Fragende, weil er aus unlauterer Absicht fragt, kein Recht auf eine Antwort hat.

Ahmen wir Christus nach in seiner Liebe zur Wahrheit. »In einem Wörterbuch fandest du die Synonyme für >unaufrichtig<: doppelzüngig, schlau, verstellt, arglistig ... Du hast dann nicht weitergelesen, sondern an den Herrn die Bitte gerichtet, daß du niemals solche Bezeichnungen verdienen mögest. Und von neuem nahmst du dir vor, die Aufrichtigkeit - eine natürliche und eine übernatürliche Tugend zugleich - noch mehr zu vervollkommnen.«8

III. Jesus sagt: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben Uns sind die Worte aus dem Johannesevangelium wohlvertraut, die die Menschwerdung des Sohnes Gottes - das Wort ist Fleisch geworden - mit der Aussage verbinden: Voll Gnade und Wahrheit. Denn: Die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus, der für die Wahrheit Zeugnis ablegt. Er kündet uns die Wahrheit, die er von Gott gehört hat, wie Jesus in einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit seinen Gegnern sagt. Während der Teufel ein Lügner und der Vater der Lüge ist, ist Gott die Wahrheit selbst und Ursprung der Wahrheit.

Hier erkennen wir, daß »die Wahrheit sprechen« kein isoliertes Gebot ist, sondern eine Konsequenz unserer Verankerung in Jesus Christus, der selbst die Wahrheit ist. »Jesus Christus geht dem Menschen jeder Epoche, auch der unseren, mit den gleichen Worten entgegen: >Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen< ( 8,32). Diese Worte schließen eine wesentliche Forderung und zugleich eine Ermahnung ein: die Forderung eines ehrlichen Verhältnisses zur Wahrheit als Bedingung einer authentischen Freiheit; und auch die Ermahnung, daß jede nur scheinbare Freiheit, jede oberflächliche und einseitige Freiheit, die nicht von der ganzen Wahrheit über den Menschen und die Welt geprägt ist, vermieden werde. Auch heute, nach 2000 Jahren, erscheint uns Christus als der, der dem Menschen die Freiheit bringt, die auf der Wahrheit begründet ist.«15

Wahrhaftigkeit ist zuerst eine innere Haltung: im Einklang mit Gott und mit sich selbst zu sein. Gibt es etwas schöneres als über einen Menschen, wie der Herr über Natanael, zu sagen: Da kommt ein echter Israelit, ein Mann ohne Falschheit Lüge oder Heuchelei sind Zeichen eines inneren Zwiespalts, eines gebrochenen Verhältnisses zu sich selbst.

Unsere Zeit scheint für Echtheit, Authentizität, Glaubwürdigkeit besonders empfänglich zu sein; doch andererseits auch, und vielleicht stärker als in früheren Zeiten, für Manipulationen, so daß man sie »die Zeit der Betrüger« nennen könnte. Dieser Gefährdung unterliegen besonders die Massenmedien: »Gewitzte Leute können diese Medien so einsetzen, daß die Leser und Zuschauer geradezu von wohlklingenden Phrasen überschüttet werden, deren Überredungskraft genauso groß ist wie ihre Unverständlichkeit. So können diese in sich äußerst nützlichen Medien bewirken, daß nach und nach der beste Vater von seinen Söhnen gehaßt wird und daß weiß zu schwarz und schwarz zu weiß wird.«17 Hier bietet sich uns ein weites Feld des Apostolates, besonders in so grundlegenden Fragen wie der Verteidigung des Lebens, der Würde der Familie, der sozialen Gerechtigkeit ... Ein Leserbrief, ein Anruf, eine Wortmeldung in einer öffentlichen Diskussion... mögen im großen und ganzen wenig bewirken. Dennoch: vielleicht rütteln wir dadurch andere auf. Und es gibt Fälle, in denen wir es uns einfach selbst schulden, Stellung zu nehmen.

Nur durch innere Wahrhaftigkeit können wir Heuchelei, Verstellung und Lüge überwinden. Am Ende unserer Zeit des Gebetes bitten wir Maria um Offenheit gegenüber dem Wirken des Heiligen Geistes in uns. Er ist der Geist der Wahrheit, der die Jünger des Herrn in die ganze Wahrheit einführt.18

12,1. - 12,2-3. - vgl. 6,41. - 23,27. - 5,37. - vgl. 1,8. - Beda, Kommentar zum Jakobusbrief, 1,8. - J.Escrivá, Die Spur des Sämanns, Nr.337. - 14,6. - vgl. 1,14. - 1,17. - 18,37. - vgl. 8, 40. - 8,44. - Johannes Paul II., Enz. Redemptor hominis, 12. - 1,47. - Johannes Paul I., Ihr ergebener Albino Luciani, München 1978, S.122. - vgl. 16,13.

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