JAHRESKREIS
29. WOCHE - DONNERSTAG
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IM FEUER
GOTTES
Jesus
teilt den Freunden seine Sehnsucht mit.
Christen als Brennpunkte der Liebe Gottes.
Die heilige Messe.
I. Das Evangelium läßt uns hin und
wieder erfahren, wie der Herr mit den Seinen in einem Austausch von Gedanken,
von Freuden, Sorgen oder Nöten wie mit engen Freunden verkehrt. Die Worte des
heutigen Evangeliums1
- im kleinen Kreis gesprochen, nicht an das Volk gerichtet - verraten eine
Sehnsucht, die sehr persönlich und nur unter Freunden mitteilbar ist:
Ich bin
gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon
brennen! Und dann:
Ich muß mit einer Taufe getauft werden, und ich bin sehr bedrückt, solange sie
noch nicht vollzogen ist. Wenn später der Augenblick naht, in dem
diese Sehnsucht sich erfüllen wird, öffnet sich der Herr noch tiefer:
Ich habe euch
Freunde genannt2.
Wie mich der
Vater geliebt hat, so habe ich euch geliebt3.
Die Apostel sind wirklich seine Freunde während der ganzen Zeit seines Wirkens.
Und: es gibt
keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt4.
Diese Liebe des menschgewordenen Sohnes Gottes für seine Brüder und Schwestern
wird von nun an in der Welt bleiben.
Augustinus sagt über das Feuer, das Jesus auf die Erde bringen will: »Die
Menschen, die an ihn glaubten, begannen zu brennen und empfingen die Flamme der
Liebe. Dies ist der Grund, weshalb der Heilige Geist in dieser Gestalt erschien,
als er über die Apostel herabkam: >Es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die
sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder< (Apg
2,3). Durch dieses Feuer entzündet, begannen sie, die Welt zu durchwandern und
verbrannten mit diesem Feuer die Feinde ringsum. Welche Feinde? Jene Menschen,
die den Gott, der sie erschaffen hatte, verlassen hatten und Bilder anbeteten,
die sie sich selbst gemacht hatten (...). In ihnen war der Glaube wie unter
Stroh zugedeckt.
Durch den
heiligen Feuerbrand wird das Stroh zu Asche und es leuchtet von neuem das
wunderbare Wesen, das Christus erlöst hat.«5
Jetzt sind wir die Träger dieses Feuers
Christi, in dem das Unlautere verbrannt und das Gute geläutert wird. Dies soll
überall dort geschehen, wo Christen leben: in der Familie, am Arbeitsplatz, in
der Universität oder in einer Fertigungshalle ... Viele kleine, aber ausdauernde
Feuerherde können zu einem großen Brand werden. Christen können an vielen Orten
der Welt das Feuer entzünden, das Christus auf die Erde gebracht hat; und wenn
dieses Feuer von liebenden Menschen geschürt und umhegt wird, dann trotzt es
einer eisigen Welt, bringt sie zum Schmelzen und vereint viele kleine Brände zu
einem Großbrand.
Aber das Bild des Feuers bedeutet nicht
nur Glut und Flammen, sondern auch Licht und Wärme. Was ist damit gemeint?
Zuerst natürlich Christus selbst - die Liebe, die in ihm brennt und aufleuchtet.
Dann aber auch die Menschen, die sich durch diese Liebe mit Christus verbinden,
als Eltern und Kinder in der Familie, als Freunde, Bekannte oder Mitarbeiter.
Überall, in einer Schule, einem Büro, einem Sportverein, können kleine
Brennpunkte entstehen, die so in der Welt das Feuer der Liebe Gottes präsent
werden lassen.
II. Das christliche Apostolat besitzt die Kraft in sich, einen Flächenbrand
auszulösen. Jeder Christ, der seinen Glauben ernst nimmt, ist wie ein
Brennpunkt, fähig, viele andere Brennpunkte entstehen zu lassen.
Jedoch
setzt dies voraus, daß er den Rat des Apostels Paulus an die Christen von
Philippi beherzigt:
Seid untereinander so gesinnt, wie es
dem Leben Jesu entspricht.6
Dies verlangt »von allen Christen« heißt es in der Enzyklika »Mediator Dei« von
Papst Pius XII., »daß sie, soweit dies dem Menschen möglich ist, jene
Seelenhaltung in sich herstellen, von der die Seele des göttlichen Erlösers
erfüllt war, als er das Opfer seiner selbst vollzog: daß sie also demütige
Unterordnung des Geistes, Anbetung der höchsten Majestät Gottes, Ehrung,
Lobpreis und Danksagung erzeigen.«7
Wie können wir das Feuer, das in
Christus brennt, in uns entfachen? Durch jede Begegnung mit ihm. Heute wollen
wir einen Moment beim Meßopfer verweilen. In der heiligen Messe bringt der
Christ sich und seine Werke, seine apostolischen Bemühungen, seine Freuden und
Nöte, kurzum alles Gott dar. Und der Herr gibt sich uns. Es wird so leicht, wie
er zu denken, zu fühlen, zu handeln und den vielen Menschen, die
wie Schafe sind,
die keinen Hirten haben8,
dafür die Augen zu öffnen.
Die Teilnahme am heiligen Meßopfer stellt uns in den Strom der göttlichen Liebe,
der sich durch uns in die alltäglichen Angelegenheiten unseres irdischen Daseins
ergießen soll. Sie werden geheiligt und gewürdigt, dem Vater durch den Sohn
dargebracht zu werden. Besonders unser apostolisches Wirken ist in der heiligen
Messe verankert, das ja nichts anderes ist als die Weitergabe des
Erlösungswerkes Jesu Christi durch die Zeit. »Wir dürfen nicht vergessen, daß er
auf die Erde gekommen ist, um die ganze Welt zu erlösen:
Er will, daß alle Menschen gerettet
werden (1
Tim 2,4).
Es gibt
keine Seele, die Christus gleichgültig wäre; für jede einzelne hat er den Preis
seines Blutes bezahlt (vgl.
1 Petr 1,18-19).«9
Am Ende des heiligen Opfers erinnert uns das
Ite, missa est! daran,
daß wir auf die Welt, die Menschen in ihr, zugehen sollen. Wir sind gesandt. Die
heilige Messe »ist neutestamentlicher Nachfolger des alttestamentlichen
Paschamahles. Da hieß es, man solle es eilend, stehenden Fußes, den Wanderstab
in den Händen verzehren (Ex
12,11). Es war ja Opfermahl vor dem Aufbruch aus dem >Sklavenhaus Ägyptens< in
das Gelobte Land. So ist auch die Messe Mahl aus dem Opfer des Lammes. Dieses
Mahl stärkt für den Aufbruch aus dem >Sklavenhaus< unseres Alltags, unserer >Fleischtöpfe
Ägyptens<, unseres Frondienstes, unserer Selbstbezogenheit. Der Aufbruch
vollzieht sich nach dem Mahl.
Der
heilige Dienst ruht nicht in sich selber, sondern ist
Missa, hingeordnet auf
die Sendung, die uns durch die Welt ziehen läßt, um sie nicht nur zu
durchwandern, sondern zum gelobten Land Gottes gestalten zu helfen.«10
III. Der Herr will
Feuer auf die Erde
werfen, er will die Brücke der Liebe zwischen Gott und den Menschen schlagen.
Wir sehen die heilige Messe als die fortwährende Aktualisierung dieser Sehnsucht.
»Die Messe ist nicht nur ein Gebetswert, nicht nur eine stille Gottesbegegnung.
Sie ist ein Ereignis. Jedesmal von neuem schlägt sie die Brücke zwischen Mensch
und Gott.
Sie
schließt das Bündnis zwischen Gott und Mensch.«11
Im Alten Testament werden die großen Begegnungen, bei denen Gott und Mensch
einen Bund schließen, immer von machtvollen Zeichen wie Feuer und Rauch
begleitet. Der Römische Kanon erwähnt das Opfer Abrahams12.
»Der Patriarch wird aufgefordert, verschiedene Tiere zu schlachten, sie je in
zwei Hälften zu teilen. Sie werden so hingelegt, daß eine Gasse zwischen den
Teilen entsteht. In nächtlichem Gesicht schaut Abraham, wie Rauch und Feuer
durch die Straße zwischen den Opfertieren hindurchgehen. Das Opfer ist
angenommen. Gott durchdringt die Opfergaben.
So will
er mit Abraham sein und ihn durchdringen, der die Opfergaben schenkt.«13
Bei der Teilnahme an der heiligen Messe teilen wir
das Brot des Lebens und den
Kelch des Heiles mit
unseren Brüdern und Schwestern im Glauben. »Es ist eine grundlegende Wahrheit,
nicht nur lehrmäßiger, sondern auch existentieller Natur, daß die Eucharistie
die Kirche aufbaut; sie baut diese auf als die wahre Gemeinschaft des Volkes
Gottes, als Versammlung der Gläubigen, die von demselben Merkmal der Einheit
gekennzeichnet ist, das schon die Apostel und ersten Jünger des Herrn
ausgezeichnet hat.
Die
Eucharistie baut immer wieder neu diese Gemeinschaft und Einheit auf; sie baut
diese stets auf und erneuert sie in der Kraft des Opfers Christi, weil sie
seines Todes am Kreuze gedenkt, durch dessen Preis wir von ihm erlöst worden
sind.«14
Die heilige Messe ist ein
existentieller
Vorgang, in dem unser Beten über das Eigene hinausgeht und zum Beten Christi
wird, das alle Menschen umfaßt:
alle, die hier versammelt sind,
deine heilige
katholische Kirche15,
alle Menschen,
die mit lauterem Herzen dich suchen16,
unsere Brüder
und Schwestern, die entschlafen sind in der Hoffnung, daß sie auferstehen17.
Die liturgischen Texte weiten das Herz, sie lassen uns die Universalität spüren,
von der unser Herr sprach.
»Wenn wir die heilige Messe wirklich mitfeiern, wie sollten wir dann nicht den
Rest des Tages in Gedanken beim Herrn verharren, mit dem Wunsch, seine Gegenwart
nicht zu verlieren: zu arbeiten, wie er arbeitete; zu lieben, wie er liebte?
Wir lernen dann, dem Herrn für die liebevolle Aufmerksamkeit zu danken, daß er
seine Gegenwart nicht auf den Augenblick des heiligen Opfers begrenzen wollte,
sondern in der heiligen Hostie zugegen bleibt, die im Tabernakel aufbewahrt
wird.«18
Als Jesus die Worte vom Feuer sprach, sprach er als Freund zu Freunden.
Heute
spricht er zu uns, wenn wir an seinem Opfer teilhaben oder ihn, anwesend im
Tabernakel, anbeten: »Für mich ist der Tabernakel immer Betanien gewesen: dieser
ruhige und einladende Ort, wo Christus weilt und wo wir mit ihm einfach und
ungezwungen wie seine Freunde von damals, Martha, Maria und Lazarus, alles
besprechen können: unsere Sorgen und Schmerzen, unsere Erwartungen und
Freuden.«19
12,49. -
vgl.
15,15. -
15,9. -
15,13. -
Augustinus,
Erklärung
der Psalmen,
96,6. -
2,5. -
Pius XII., Enz.
Mediator
Dei,
2,2. -
9,36. -
J.Escrivá,
Freunde
Gottes,
256. -
T.Schnitzler,
Was die
Messe bedeutet,
Freiburg 1976, S.41. -
ebd., S.31. -
15,9-18. -
T.Schnitzler,
Was die
Messe bedeutet,
Freiburg 1976, S.31-32. -
Johannes Paul II., Enz.
Redemptor
hominis,
20. -
vgl.
I.Hochgebet.
-
vgl.
IV.Hochgebet.
-
vgl.
II.Hochgebet.
-
J.Escrivá,
Christus
begegnen,
154. -
ebd.