OSTERZEIT
4. WOCHE - MITTWOCH
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DANKBARKEIT
Dank und
Undank.
»Er gebe uns ein fröhlich Herz ...«
Danksagen nach der Kommunion.
I.
Ich will
dir danken, Herr, vor den Völkern; deinen Namen will ich meinen Brüdern
verkünden. Halleluja,
heißt es im Eröffnungsvers der heutigen Messe. Alles in der Heiligen Schrift -
die Hymnen, die Psalmen, die Worte der Gerechten - ist von Lob und Dank
durchsetzt:
Lobe den
Herrn, meine Seele, und alles in mir seinen heiligen Namen! Lobe den Herrn,
meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat.2
Die
eigene Erfahrung zeigt, wie wichtig das Danken ist: ein Wort, eine Geste des
Dankes kann uns beflügeln. Heute ist es aber gar nicht so selbstverständlich,
einem dankbaren Menschen zu begegnen: »Was das allgemeine Gefühl bestimmt, ist
nicht Bitten und Geben, sondern das Anmelden von Rechten und deren organisierte,
von Behörden überwachte Einlösung. Und was darauf antwortet, ist nicht Dank,
sondern die Quittung, die Sache sei in Ordnung.
Daran ist
freilich auch etwas sehr Gutes: daß nämlich die Dinge sachlich, nach zweckmäßig
durchdachter Ordnung vor sich gehen und das Persönliche nicht dort hineingezogen
wird, wo es nicht wirklich hingehört (...). Dadurch droht aber die Gefahr, daß
das Lebendige verschwindet, was die Worte >Bitten< und >Danken<, >Geben< und
>Empfangen< meinen.«3 Wenn wir schon unter uns Menschen mangelnden Dank als
Verlust betrachten, um wieviel mehr müßten wir darauf achten, daß der Dank Gott
gegenüber niemals fehlt. Gott danken, weil er als Vater über uns wacht und alles
Gute auf Ihn zurückgeht. Zuversicht und Hoffnung
sprengen die engen Grenzen des nur Eigenen: »Er lasse seinen Frieden ruhn auf
unserm Volk und Land, er gebe Glück zu unserm Tun und Heil zu allem Stand.«4
Auf die
Aufforderung des Priesters:
Lasset
uns danken dem Herrn, unserm Gott,
antworten wir:
Das ist
würdig und recht
und treten ein in die Mitte der Eucharistie - das Wort bedeutet ja Danksagen -,
der erhabensten Gestalt des Dankes, die auf Erden möglich ist. Die Eucharistie
ist wie ein Vorauskosten der endgültigen Vereinigung mit Gott, die das Wesen der
ewigen Seligkeit ausmacht. Unser eucharistischer Dank auf Erden greift dem vor.
Ein Blick
auf das Evangelium zeigt uns, daß Jesus Undankbarkeit sehr nahe ging. Als er die
zehn Aussätzigen heilte,
wartete er vergeblich auf sie. Sie hatten die Wohltat empfangen und den
Wohltäter sogleich vergessen, obwohl er ihnen mit der Gesundheit und dem Ende
des Ausgestoßenseins alles wiedergeschenkt hatte: Familie, Arbeit, die
Gemeinschaft mit den Menschen. Ein anderes Mal weinte der Herr über die
undankbare Stadt, die die Zeit der Gnade nicht erkannt hatte,
die Zeit, in der Jesus ihre Kinder sammeln wollte,
so wie
eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt.
Der
heilige Paulus bringt die Undankbarkeit in Zusammenhang mit der Verfinsterung
des Herzens, die schließlich zu Abgötterei, Lebenslüge, Lasterhaftigkeit und
Gotteshaß führt. Am Anfang von alldem steht:
Sie haben
Gott erkannt, ihn aber nicht als Gott geehrt und ihm nicht gedankt.
Daher die eindringliche Aufforderung an die Christen:
Dankt für
alles; denn das will Gott von euch, die ihr Christus gehört10
Johannes
Chrysostomos weitet die Gedanken des Apostels aus: »Paulus dankt in allen seinen
Briefen für all das Gute, das der Welt widerfuhr. Ebenso sollen auch wir
immerdar für unser eigenes Wohl danken, wie auch für das anderer, danken für
kleine und für große Wohltaten (...), deren Zahl ja die Menge des Sandes am
Meere übertrifft.«11
Wenn wir
einmal - am Ende unseres Weges - vor Gottes Angesicht stehen, werden wir
erkennen, wieviel Gründe, dankbar zu sein, wir hier auf Erden gehabt haben. Eine
Ahnung davon können wir schon jetzt in dem Maße erhalten, in dem unser Glaube
wach ist. Daher der Rat: »Gewöhne dich daran, dein Herz viele Male während des
Tages in Dankbarkeit zu Gott zu erheben. - Weil er dir dies und jenes gibt. -
Weil man dich verachtet hat. - Weil du das Notwendigste hast oder weil du es
nicht hast.
Weil er
seine Mutter, die auch deine Mutter ist, so schön gemacht hat. - Weil er die
Sonne geschaffen und den Mond und dieses Tier und jene Pflanze. - Weil er jenen
Menschen so beredt geschaffen hat und dich so schwerfällig im Wort ...
Sage ihm
Dank für alles, denn alles ist gut.«12
II. Der
Herr deutet uns an, daß auch kleine Dienste Dankbarkeit verdienen:
Wer einem von
diesen Kleinen auch nur einen Becher frisches Wasser
zu trinken gibt,
weil er ein Jünger ist - amen, ich sage euch: Er wird gewiß nicht um seinen Lohn
kommen.13
Als der Samariter zu Jesus zurückkehrte, um ihm für die wiedererlangte
Gesundheit zu danken, erhielt er etwas noch Wertvolleres: den Glauben und die
Freundschaft mit dem Herrn:
Steh auf und geh! Dein Glaube hat dir
geholfen.14
Der Herr erwartet von uns Dank, Tag für Tag und oft am Tage. Aber auch das
Dankenkönnen ist, wie alles, seine Gabe: »Er gebe uns ein fröhlich Herz,
erfrische Geist und Sinn, und werf all Angst, Furcht, Sorg und Schmerz in
Meerestiefen hin.«15
Die
Dankbarkeit ist eine natürliche Tugend, die den Gemeinsinn stärkt. Die dankbare
Erinnerung an eine Wohltat, mag sie auch noch so klein gewesen sein, weckt den
Wunsch nach Erwiderung. Mag es auch nur ein Wort, ein »Danke= sein - dahinter
steht die Freude, die wir empfangen haben und erwidern möchten.Nur wenn wir
genau hinschauen, merken wir, wie viele kleine Dienste und Gunsterweise uns von
anderen zuteil werden. Sich dafür dankbar zu zeigen kostet recht wenig und kann
viel Gutes bewirken: eine bessere Atmosphäre, eine würdigere Art, Menschen zu
begegnen, und schließlich auch ein Einüben in »kostspieligere« Äußerungen der
Nächstenliebe, die nur im Blick auf Gott gelingen.
Die
Dankbarkeit öffnet uns die Augen für das Wohlwollen der anderen, sie macht uns
demütig und erkenntlich. Im Gegensatz dazu ist ein Hochmütiger unfähig zu
danken: er sieht nur sich selbst und betrachtet die kleinen Dienste, die andere
ihm erweisen, als Selbstverständlichkeit.
Auf Gott
und auf unsere Mitmenschen achten macht uns hellsichtig. - Wieviele Details
zuhause lassen uns erfahren, daß jemand an uns gedacht hat: ein
blumengeschmückter Tisch, das geputzte Zimmer, die frische, wohltemperierte
Wohnung, die sorgfältig gebügelte Wäsche. Gelegentlich, wenn dieses oder jenes
Detail vergessen worden ist, mögen wir uns ärgern. Sollten wir da nicht an
unsere eigenen Versäumnisse denken? Dann nehmen wir die der anderen nicht so
tragisch und es fällt uns sogar eine Entschuldigung ein.
Und
außerhalb der eigenen vier Wände? Auch da Menschen, die uns zu Diensten sind:
der Hausmeister, die Frau am Zeitungskiosk, der Busfahrer. Wie anders wäre das
Miteinander, wenn es uns gelänge, nicht nur die gerechterweise geschuldete
Leistung zu erwarten, sondern sie aus einem Überfluß an dankbarer Gesinnung
immer auch zu erwidern; denn dankbar sein, das ist wie ein Vibrieren des
Herzens.
III.
Gott sei
uns gnädig und segne uns, er lasse über uns sein Angesicht leuchten.
Die Bitte um Gnade und Segen in der heutigen Liturgie soll uns Anlaß sein zu
vielen Stoßgebeten des Dankes im Laufe des Tages, weil der Herr gnädig ist und
uns segnet. Gottes Fürsorge umgibt uns, sie überhäuft uns. Es gibt aber am Tage
einen Augenblick, da Dankbarkeit ganz besonders naheliegt: die Zeit unmittelbar
nach der heiligen Messe.
Unser
Gespräch mit dem Herrn während dieser Zeit - so kostbar im geistlichen Leben -
soll sehr persönlich, einfach, froh sein. Mutter Teresa sagt zu ihren
geistlichen Töchtern: »Wenn ihr Christus in eure Herzen aufnehmt - in
Gemeinschaft mit dem Lebendigen Brot -, dann bedenkt, was die allerseligste
Jungfrau empfunden haben muß, als der Heilige Geist sie überschattete; sie, die
voll der Gnade war, wurde zum Gefäß für Jesu Leib. Der Geist kam mit solcher
Macht auf sie herab, daß Maria sich unverzüglich aufmachte, einen Dienst zu
erfüllen. Jedesmal, wenn das Brot des Lebens gebrochen wird und wir daran
teilnehmen, müßte in uns diesselbe Wirkung entstehen, denn wir empfangen
denselben Gottessohn, der zu Maria kam, um Fleisch zu werden.«17
Bemühen
wir uns, wenn eben möglich, um einige Minuten persönlicher Danksagung nach dem
Kommunionempfang: allein mit dem Herrn, er in uns, wir in ihm; er, der Freund,
er, unser Gott, den wir zusammen mit den Engeln anbeten. Gelegentlich wird uns
der liturgische Gebetsschatz zu Hilfe kommen mit jenen Gebeten, die uns mit
früheren Generationen verbinden: das
,
der
Lobgesang
der Drei im Feuerofen
oder das
Gottheit,
tief verborgen.
»Die
Liebe zu Christus, der sich für uns darbietet, drängt uns dazu, nach Beendigung
der heiligen Messe für einige Minuten in persönlicher, intimer Danksagung zu
verweilen, um in der Stille des Herzens jene andere Danksagung, welche die
Eucharistie ist, zu verlängern. Wie aber sollen wir uns an ihn wenden, wie ihn
ansprechen, wie uns verhalten?
Das
christliche Leben entfaltet sich nicht in starren Richtlinien (...). Ich denke
jedoch, daß oft während der Danksagung nach der heiligen Messe der Kern unseres
Gespräches mit Christus der Gedanke sein kann, daß für uns der Herr König, Arzt,
Lehrer und Freund ist.«20
Warum
König? Er führt uns ein in
das Reich
der Wahrheit und des Lebens, das Reich der Heiligkeit und der Gnade, das Reich
der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens.
Wir bitten ihn, er möge in unserem Herzen gegenwärtig sein: in unseren Worten,
bei unserer Arbeit, in unserem Denken, in jeglichem Tun.
Arzt ist
er, weil er das Leben und die Quelle des Lebens ist und das Heilmittel gegen
alle unsere Gebrechen.
Er stärkt
uns, wenn wir seinen Leib empfangen, den er für uns geopfert hat.
Wir gehen zur Kommunion, wie damals die Blinden, die Taubstummen, die Gelähmten
zu ihm kamen.
Lehrer
ist er, weil er Worte des ewigen Lebens hat für uns, die wir so unwissend sind!
Er lehrt immerfort, aber wir müssen hinhören und dürfen nicht zulassen, daß
Phantasie, Gedächtnis, Sinne und Verstand ihre eigenen Wege, fern von ihm,
gehen.
Und
Freund ist er, der Freund, der uns Freundschaft lehrt, unsere Nöte
mitträgt, uns tröstet und ermutigt. Wir wissen um das Geheimnis seiner realen
Gegenwart und vereinen uns mit den Engeln, die ihn anbeten und es besser als wir
verstehen, ihm zu danken. Vielleicht fällt uns einmal im Gebet ein, die heiligen
Engel zu bitten: Dankt ihr doch für mich, der ich es nicht schaffe, es würdig
genug zu tun.
Als Maria
von ihrer Gottesmutterschaft erfuhr, muß sich ihr Gebet in ein einziges, nie
aufhörendes Dankgebet verwandelt haben. Sie möge uns lehren, Dank zu sagen.
18(17),50. -
103,2. -
R.Guardini,
,
Mainz/Paderborn 1987, S.130. -
Paul Gerhard,
Nun
danket all,
Gotteslob 267. -
Zuruf vor
der Präfation.
-
vgl.
17,11ff. -
vgl.
19,41-44. -
vgl.
23,37. -
vgl.
1,19-31. -
5,18. -
Johannes Chrysostomos,
Homilien
über das Matthäusevangelium,
25,4. -
J.Escrivá,
,
Nr.268. -
10,42. -
17,19. -
Paul Gerhard, a.a.O. -
Antwortpsalm
67(66),2. -
Mutter Teresa,
Beschaulich inmitten der Welt,
Einsiedeln 1990, S.24. -
vgl.
Geborgen
in Gott,
Köln 1985, S.116. -
Hymnus
Adoro te
devote.
-
J.Escrivá,
Christus
begegnen,
92. -
Präfation
vom Königtum Christi.
-
Präfation
von der heiligen Eucharistie I.