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Francisco Fernández-Carvajal Hablar con Dios

JAHRESKREIS
26. WOCHE - DIENSTAG

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AUF DEM WEG NACH JERUSALEM

Das langsame Reifen der Apostel.
Inneres Wachstum der Seele.
Erforschung des Gewissens und Wachsen in der Liebe.

I. Als die Zeit herankam, in der Jesus in den Himmel aufgenommen werden sollte, entschloß er sich, nach Jerusalem zu gehen, heißt es bei Lukas. Der Herr sucht in einem samaritischen Dorf Unterkunft, aber man nahm ihn nicht auf, weil er auf dem Weg nach Jerusalem war. Er klagt nicht über die Mißachtung der geheiligten Gastfreundschaft, er setzt seinen Weg einfach fort. Jakobus und Johannes reagieren anders: Herr, sollen wir befehlen, daß Feuer vom Himmel fällt und sie vernichtet? Der Herr lehrt sie mit seinem Verhalten in Schweigen die Qualität einer Liebe, die niemanden ausschließt - auch den nicht, der sich sperrt.

Nicht selten gewinnen wir am Rande des Evangeliums Einblick in die Unzulänglichkeiten der Apostel, und auch in ihr langsames Reifen, indem sie Christi Worte und Taten nach und nach in sich aufnehmen. Der aufbrausende Johannes ist derselbe, der Jahre später schreiben wird: Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist die Liebe. Er ist nicht weniger feurig als damals in Samaria, aber - vom Heiligen Geist geleitet - hat sich seine ungestüme Art gelegt. Nun ist die Liebe das Herzstück seiner Briefe. Der Kirchenvater Augustinus kommentiert den ersten Johannesbrief mit den Worten, der Apostel habe »über die Liebe vieles, ja eigentlich alles gesagt«.3 Durch Johannes erfahren wir vom Neuen Gebot, an welchem alle erkennen werden, daß wir in der Nacholge Christi stehen.4 Johannes gibt weiter, was er vom Meister gelernt hat: wenn wir einander lieben, bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollendet.5

Einige Einzelheiten aus seinen letzten Lebensjahren sind uns bekannt, die zeigen, wie er die Christen untereinander in ihrer geschwisterlichen Liebe bestärkt. Hieronymus berichtet, in den Christenversammlungen, zu denen der Apostel wegen seines hohen Alters von anderen getragen werden mußte, habe er nur dies eine gesagt: »Meine Kinder, liebet einander.« Als man ihn fragte, weshalb er immer dasselbe wiederhole, antwortete er: »Weil dies das Gebot des Herrn ist; und wenn dies erfüllt wird, dann ist das alles.«6

II. An Pfingsten vollendete der Heilige Geist die innere Gestalt jener gebrechlichen Menschen, die zu Säulen der Kirche ausersehen waren. Seitdem wirkt er unaufhörlich in den Seelen der Jünger Christi. Manchmal kommen seine Eingebungen aus dem eigenen Inneren: wie im Aufleuchten eines Blitzes erblicken wir die Notwendigkweit einer kleinen Überwindung, Geduld zu üben oder die Sinne in ihre Schranken zu weisen. Manchmal kommen die Anregungen von außen: in Form eines guten Rates im geistlichen Gespräch, durch das gute Beispiel eines Menschen, bei der Lektüre eines Buches. So vervollständigt sich - Schritt für Schritt - der Bau unseres Lebens, indem der, der den Bauplan kennt - Das ist es, was Gott will: eure Heiligung - uns im passenden Augenblick den geeigneten Stein zum Einfügen zeigt.

Nicht nur das Wort des Johannes ist für uns bedenkenswert. Auch die Tatsache, daß er, der so ganz anders veranlagt war, dazugelernt hat. Das Feuer, das im Zorn über die ungastlichen Samariter aufloderte, wurde in der Nachfolge des Meisters durch Demut und Selbsterkenntnis zur geläuterten Glut der Milde und Ergebung.

Jesus auf seinem Weg nach Jerusalem ist ein gutes Beispiel für das innere Vorankommen der Seele. Jesus weiß mit göttlicher Klarheit, daß am Ende seines Weges die Passion steht. Doch er weicht nicht zurück. Seinen Jüngern fehlt die Klarheit des Meisters, aber sie folgen ihm, weil sie sich ganz auf ihn verlassen. Der feurige Johannes lernt, daß sein Zorn unheilig ist. Er wird weiter lernen müssen und nach und nach anders werden. Jahre später wird ihm all dies aufgegangen sein und er wird Gott für seine unausschöpfliche Geduld mit ihm gedankt haben. Gott ist die Liebe: Bitten wir auf unserem Weg der Nachfolge um Treue und danken wir Jesus für seine Geduld mit uns.

III. Gott gewährte dem Apostel und Evangelisten Johannes einen besonderen Einblick in die Mitte unseres christlichen Glaubens, der keine bloße Lehre, keine Ideologie, keine abstrakte Theorie ist. Er ist Umgang mit einer Person - mit Christus -, der uns die Fülle des Lebens mitteilt: »Im ersten Augenblick einer konkreten menschlichen Existenz beginnt etwas, das nie enden wird. Es trägt eine ungeheure Lebenskraft. Wer fähig ist, sich über alltägliche Dinge der Natur zu wundern, mag an das Wachsen eines winzigen Samens denken, der schließlich zu einem mächtigen Baum wird. Die Mitte dieses im konkreten Menschen wachsenden Lebens ist ein feuriger Liebeskern, der sich immer mehr ausweitet, Jahrhunderte umgreift, sich nie verbraucht. Seine Dynamik verdankt er der Dreifaltigkeit Gottes.«8 An diesem Liebeskern der Dreifaltigkeit hat unsere Liebe teil, sie wächst in uns und will sich im Tun konkretisieren. Das Ringen um das innere Leben ist ein Ringen um eine wachsende Liebe zu Gott, um immer weniger Eigenliebe.

Deswegen ist es nötig, unsere Hauptfehler gut zu kennen, jene Haltungen, die - bei jedem verschieden ausgeprägt - unser Fühlen, Denken und Handeln beherrschen. Im eigenen inneren Leben gibt es Schwachstellen, durch die der Feind leicht eindringen und Verwüstungen anrichten kann. Damit wir sie entdecken können, ist eine gründliche Selbstprüfung nötig. Erfahrene geistliche Menschen verweisen als besondere Form der Gewissenserforschung auf das sogenannte »Partikularexamen«. Es besteht darin, eine Zeitlang regelmäßig einen besonderen Aspekt unseres inneren Lebens zu prüfen: »Dein Partikularexamen soll darauf zielen, eine bestimmte Tugend zu erwerben oder einen dich beherrschenden Fehler auszumerzen.«9

Auch diese Kleinarbeit an sich selbst gehört zur Nachfolge Christi auf dem Weg nach Jerusalem, auf dem Weg zur Vollendung. Eins sollen wir jedoch meiden: »Eine falsche Form von Bewußtheit, die in einem ständigen Durchwühlen des eigenen Gewissens, in einem fortwährenden Suchen nach der eigenen Vollkommenheit alle Aufmerksamkeit auf das eigene Ich, seine Sünden und Tugenden lenkt. Es kommt zu einem religiösen Egoismus, der den Menschen daran hindert, sich einfach dem Anblick Gottes zu öffnen und von sich fort auf ihn hinzuschauen. Der eigensinnige, ganz auf sich selbst bedachte Fromme hat keine Zeit mehr, Gottes Angesicht zu suchen und sein befreiendes erlösendes Ja zu hören.«10 Die geistliche Aussprache kann uns durch konkrete Ratschläge helfen, in der Liebe zum Herrn zu wachsen. Immer mehr werden wir sein Angesicht suchen und aus diesem Suchen wird der Wunsch erwachsen, die wunden Stellen in uns auszumachen, um sie dann Schritt für für Schritt heilen zu können.

Maria ist »diejenige, die den Pilgerweg des Glaubens geht, indem sie wie kein anderer Mensch am Geheimnis Christi teilnimmt.«11 Ihr vertrauen wir uns an.

9,52-56. - 4,8. - vgl. Augustinus, Homilien zum 1. Johannesbrief, Vorwort. - vgl. 13,34-35. - 4,12. - Hieronymus, Kommentar zum Galaterbrief, 3,6. - 4,3. - J.Arquer, Was ist die Kirche? in: Plädoyer für die Kirche, Aachen 1991, S.35. - J.Escrivá, , Nr.241. - J.Kard.Ratzinger, Auf Christus schauen, Freiburg 1989, S.99. - Johannes Paul II., Enz. Redemptoris Mater, 25.

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