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Francisco Fernández-Carvajal Hablar con Dios

JAHRESKREIS
24. WOCHE - DIENSTAG

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herr des erbarmens

Jesus, Verkörperung des göttlichen Erbarmens.
Die barmherzige Kirche.
Das Bußsakrament.

I. Meister Eckehart schreibt: »Das Größte, das Gott je an allen Geschöpfen gewirkt hat, das ist seine Barmherzigkeit. (...) Das Werk der Barmherzigkeit ist so sehr mit dem Wesen Gottes verwandt, daß Wahrheit, Reichtum und Gutsein - wenn auch das eine treffender als das andere - Gott bezeichnen, daß aber das höchste Werk Gottes die Barmherzigkeit Gottes ist. Das will besagen: Gott versetzt die Seele in das Höchste und Lauterste, das sie empfangen kann, in die Weite, in das Meer, in ein unergründliches Meer, wo Gott Barmherzigkeit wirkt.«1

Das heutige Evangelium zeigt uns, wie sich die göttliche Barmherzigkeit in Jesus offenbart. Der Herr ist auf dem Weg nach einer kleinen Stadt namens Nain. Seine Jünger und eine große Menschenmenge folgten ihm. Als er in die Nähe des Stadttors kam, trug man gerade einen Toten heraus. Es war der einzige Sohn seiner Mutter, einer Witwe. Die beiden Züge begegnen sich. Da sieht der Herr die Mutter und hatte Mitleid mit ihr. Diese Wendung begegnet uns oft im Evangelium: Als er die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen, denn sie waren müde und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben, oder als er einem Aussätzigen begegnet: Er hatte Mitleid mit ihm; er streckte die Hand aus, berührte ihn und sagte: Ich will es - werde rein! Auch beim Anblick der vielen, die sich, ungeachtet aller Strapazen, um ihn scharen, sagt der Herr: Ich habe Mitleid mit diesen Menschen, dann wirkt er das Wunder der Brotvermehrung. Und auf die Bitte der zwei Blinden, daß unsere Augen geöffnet werden, (...) hatte Jesus Mitleid mit ihnen und berührte ihre Augen. Im gleichen Augenblick konnten sie wieder sehen.6

Christus fühlt und leidet nicht nur mit, er erbarmt sich der Menschen. Anders als unser Mitleid - oft so ohnmächtig - sind die Empfindungen Christi, in denen sich das Erbarmen Gottes offenbart, reine, allmächtige Liebe. Papst Johannes Paul II. schreibt in seiner Enzyklika über das göttliche Erbarmen: »Jesus offenbarte durch seinen Lebensstil und seine Taten, wie die Liebe, die wirkende Liebe, die Liebe, die sich dem Menschen zuwendet und alles umfängt, was sein Menschsein ausmacht, in unserer Welt gegenwärtig ist. Diese Liebe tritt besonders dort in Erscheinung, wo sie mit Leid, Ungerechtigkeit und Armut in Berührung kommt, in der konkreten conditio humana, der geschichtlichen Befindlichkeit des Menschen, die auf verschiedene Weise von der physischen und moralischen Begrenztheit und Gebrechlichkeit des Menschen geprägt ist. Gerade wegen der Art und des Bereichs, in denen sich die Liebe kundtut, wird sie in der Sprache der Bibel auch als >Erbarmen< bezeichnet«7. Jesus »spricht nicht nur vom Erbarmen und erklärt es mit Hilfe von Gleichnissen und Parabeln, er ist vor allem selbst eine Verkörperung des Erbarmens, stellt es in seiner Person dar. Er selbst ist in gewissem Sinne das Erbarmen. Für den, der es in ihm sieht und in ihm findet, wird Gott in besonderer Weise >sichtbar< als Vater, >der voll Erbarmen ist< (Eph 2,4).«8

Als der Herr die Frau sah, hatte er Mitleid mit ihr und sagte zu ihr: Weine nicht! Dann ging er zu der Bahre hin und faßte sie an. Die Träger blieben stehen, und er sagte: Ich befehle dir, junger Mann: Steh auf! Da richtete sich der Tote auf und begann zu sprechen, und Jesus gab ihn seiner Mutter zurück.

Einige Kirchenlehrer sehen in der Mutter, die ihren Sohn zurückerhält, ein Bild der Kirche. Sie ist nach Ambrosius die liebende Mutter, die »für jedes einzelne ihrer Kinder Fürsprache einlegt«9 und die, wie Augustinus ergänzt, »sich Tag für Tag freut mit den Menschen, die das Leben der Seele wiedererhalten«10. Und wir fragen uns: Wenn der Herr sich des Volkes wegen einer leiblichen Not erbarmt, um wieviel mehr wird er sich jener erbarmen, deren Not die Sünde ist und deren Krankheit zum ewigen Tod führen kann?

Heute stellt uns die Kirche das göttliche Erbarmen in bewegender Weise vor Augen. Sie tut es, mit Worten von Johannes Paul II., »wenn sie die Menschen zu den Quellen des Erbarmens des Heilandes führt, welche sie hütet und aus denen sie austeilt. Große Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der ständigen Betrachtung des Wortes Gottes zu und vor allem der bewußten, mit innerer Reife vollzogenen Feier der Eucharistie und des Sakraments der Buße oder Versöhnung. Die Eucharistie nähert uns ja immer mehr jener Liebe, die mächtiger ist als der Tod, (...) sie beweist die unerschöpfliche Liebe, durch die er immer danach strebt, sich mit uns zu verbinden und mit uns einszuwerden, indem er allen Menschenherzen entgegenkommt. Das Sakrament der Buße ebnet den Weg zu jedem Menschen, selbst dann, wenn er mit schwerer Schuld beladen ist. In diesem Sakrament kann jeder Mensch auf einzigartige Weise das Erbarmen erfahren, das heißt die Liebe, die mächtiger ist als die Sünde.«11

In Gestalt der Kirche zieht Jesus über die Straßen dieser Welt als der Mitleidende, sich Erbarmende. Die Kirche sieht und trägt das Leiden der Menschen, aber ihr Blick reicht - in der Perspektive des ewigen Lebens, die Christus uns eröffnet hat - tiefer als alle irdischen Wertungen, und sie erkennt die Sünde als das einzige Elend, das wirklich todbringend ist. Sie läßt uns das Wort Christi vernehmen: Kommt alle zu mir ... Im Sakrament der Sündenvergebung erfahren wir durch sie das Erbarmen Gottes, das heilt und befreit. Auf einer geistlichen Ebene ereignet sich stets aufs neue das Geschehen vor den Stadttoren von Nain: Gottes Barmherzigkeit erweckt uns von neuem zum Leben.

III. »Das Erbarmen als solches ist als Vollkommenheit des unendlichen Gottes auch selbst unendlich. Unendlich und unerschöpflich ist daher die Bereitschaft des Vaters, die verlorenen Söhne aufzunehmen, die zu seinem Hause zurückkehren. Unendlich sind die Bereitschaft und die Macht der Vergebung, die unablässig aus dem wunderbaren Opfer des Sohnes hervorgehen. Keine menschliche Sünde kann diese Macht bezwingen oder auch nur einschränken. Von seiten des Menschen kann sie nur der Mangel an gutem Willen, der Mangel an Bereitschaft zur Bekehrung und zur Buße, also die hartnäckige Verstockung einschränken, die sich der Gnade und der Wahrheit widersetzt, besonders vor dem Zeugnis des Kreuzes und der Auferstehung Christi.«12

In dem Maße, in dem wir Christus näher kommen und entschiedener folgen, wächst in uns das Bedürfnis, uns zu läutern. Die häufige Beichte trägt dazu bei; jedesmal ist sie eine einzigartige Begegnung mit dem Herrn. Wahrscheinlich haben wir noch in unserer Kindheit gelernt, was zu einer guten Beichte gehört: Gewissenserforschung, Reue, guter Vorsatz, Sündenbekenntnis, Buße.

Die Gewissenserforschung erschließt uns oft die inneren Haltungen und das Umfeld, in denen unsere Sünden wurzeln, und nicht nur einzelne Verfehlungen. Die Reue vertieft das Gespür für die Sünde als Beleidigung Gottes und nicht bloß für falsches Verhalten. Sie führt zu einem konkreten, festen Vorsatz. Dann ist das Bekenntnis der Sünden eine Selbstanklage in Demut und Aufrichtigkeit und nicht bloß ein unbeteiligter Bericht. Und beim Verrichten der auferlegten Buße bedenken wir, daß die milde Buße mehr ist als nur eine Frömmigkeitsübung: sie ist ein Werk der Sühne und der Wiedergutmachung.

Die einzelnen Schritte der Beichte sind »nicht bloße Formalitäten, sondern Akte, die der sündige Mensch setzt, weil er wirklich glaubt, daß die Beichte persönliche Begegnung mit Jesus Christus ist: ein Sakrament, in welchem er die Vergebung der Sünden erlangt. Deswegen dürfen wir sie nicht als eine Art Allerweltsrezept ansehen, sondern müssen uns bewußt sein, das wir dadurch persönlich vor das barmherzige Gericht Gottes treten. Mit dieser Haltung des Glaubens bereiten wir uns dann auf die Begegnung mit Christus unter den geforderten Bedingungen vor. Denn das ist das einzige, was wir unsererseits leisten können. Das Wichtigste, die Vergebung der Sünden, liegt in Gottes Hand.«13

Maria ist die Zuflucht der Sünder. Wir nennen sie dankbar »unsere Zuflucht«, »meine Zuflucht« und erbitten von ihrer Fürsprache die Gnade, in der Beichte die wirksamste Konkretisierung der göttlichen Barmherzigkeit zu sehen, die Jesus verkörpert.

Meister Eckehart, Predigt zu Hosea 14,4. - vgl. 7,11-17. - 9,36 . - 1,41. - 8,2. - 20,34. - Johannes Paul II., Enz. Dives in Misericordia, 2,3. - ebd., 1,2. - Ambrosius, Auslegung des Evangeliums nach Lukas, 5,92. - Augustinus, , 98,2. - Johannes Paul II., Enz. Dives in Misericordia, 7,13. - ebd. - F.Luna, Wie beichte ich richtig?, Köln 1977, S.17.

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