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Francisco Fernández-Carvajal Hablar con Dios

ADVENT
SAMSTAG DER 1. WOCHE

7

DER GUTe HIRT IN DER VERHEISSUNG DER PROPHETEN

Jesus Christus, der gute Hirt in der Verheißung der Propheten.

In seiner Kirche hat der Herr für gute Hirten gesorgt.

Der gute Hirt in der geistlichen Leitung.

 

I. Deine Augen werden deinen Lehrer sehen, deine Ohren werden es hören, wenn er dir nachruft: Hier ist der Weg, auf ihm müßt ihr gehen, auch wenn ihr selbst rechts oder links gehen wollt.1 Einer der größten Gnadenerweise, die uns der Herr in diesem Leben geben kann, ist, uns den Pfad, der zu ihm führt, deutlich erkennen zu lassen und dabei auf jemanden zählen zu können, der uns aus unseren Verirrungen und Fehlern den rechten Weg weist.

Immer wieder in seiner Geschichte hatte das Volk Gottes Weg und Ziel aus den Augen verloren und befand sich, ohne wirkliche Führung, in größter Ratlosigkeit und Niedergeschlagenheit. Und so fand, wie das Evangelium vom heutigen Tage berichtet, der Herr sein Volk vor: Als er die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren müde und erschöpft »wie Schafe, die keinen Hirten haben«2 Die an der Spitze standen, hatten sich eher wie Wölfe denn wie Hirten verhalten, denen eine Herde anvertraut ist.»In der langen Zeit der Erwartung sagten die Propheten über Jahrhunderte die Ankunft des Guten Hirten, des Messias, voraus; er werde seine Herde umsichtig und fürsorglich leiten. Er werde alleiniger Hirte3 sein und nach dem verlorenen oder vom Wege abgekommenen Schaf suchen, er werde das verletzte Schaf verbinden und das kranke gesundpflegen4. In seiner Obhut seien die Schafe sicher, und in seinem Namen werde es andere gute Hirten geben, denen aufgetragen ist, sie zu schützen und zu führen: Ich werde für sie Hirten bestellen, die sie weiden, und sie werden sich nicht mehr fürchten und ängstigen5.

sagt Jesus. Er ist in diese Welt gekommen, um die Herde Gottes zusammenzuführen7: Ihr hattet euch verirrt wie Schafe, sagt uns der heilige Petrus, jetzt aber seid ihr heimgekehrt zum Hirten und Bischof eurer Seelen8; es kommt der Gute Hirt, der seine Herde auf den rechten Weg zurückbringen wird9, um sie zu führen10, um sie zu behüten11, um sie zu weiden13, um sie endlich zu den ewigen Weideplätzen zu führen, wo die Quellen sind, aus denen das Wasser des Lebens strömt14.

Jesus ist der Gute Hirt, den die Propheten angekündigt hatten. In ihm erfüllen sich buchstäblich alle Prophezeiungen. Er kennt alle Schafe und ruft sie einzeln beim Namen15. Jesus kennt jeden einzelnen Menschen; er ruft uns, er sucht uns, er heilt uns. Deshalb brauchen wir uns inmitten einer namenlosen, zur Masse gewordenen Menschheit nicht verloren zu fühlen. Für ihn sind wir einzig und unverwechselbar, und so kann jeder von uns mit vollem Recht sagen, ich lebe im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat16. Er kann meine Stimme unter vielen erkennen, und niemand, der Christ ist, kann sagen, er sei allein: Jesus Christus ist bei ihm. Und wenn er sich im Gestrüpp des Bösen verirrt hat, so ist der Gute Hirt bereits aufgebrochen, ihn zu suchen. Nur mangelnde Bereitschaft zur Umkehr, nicht zurückkehren zu wollen in den schützenden Pferch, könnte die Fürsorglichkeit des Hirten scheitern lassen. Nur das.

 

II. Außer mit dem guten Hirten vergleicht sich Christus auch mit einer Tür, durch die hindurch man in den Schafspferch, Symbol der Kirche, gelangt. »Die Kirche ist der Schafstall, dessen einzige und notwendige Tür Christus ist. Sie ist auch die Herde, als deren künftigen Hirten Gott selbst sich vorherverkündet hat. Wenngleich ihre Schafe von menschlichen Hirten geleitet werden, so werden sie dennoch immerfort von Christus, dem Guten Hirten und dem Ersten der Hirten, geführt und genährt, der sein Leben hingegeben hat für seine Schafe.«17

Jesus hat dafür gesorgt, daß es in seiner Kirche gute Hirten gibt, damit sie in seinem Namen seine Schafe hüten und leiten18. Als obersten Hirten und als seinen Stellvertreter auf Erden setzte er den heiligen Petrus und dessen Nachfolger ein, denen wir Verehrung, Liebe und Gehorsam schulden.

Auch die Priester sind gute Hirten, besonders wenn sie das Bußsakrament erteilen, in dem sie uns von allen unseren Wunden und Krankheiten befreien. »Erinnern Sie sich daran« sagte Johannes Paul II., »daß Ihr priesterlicher Dienst (...) in besonderer Weise der großen Sorge des Guten Hirten zugeordnet ist, nämlich seiner Sorge um das Heil eines jeden Menschen (...), daß die Menschen das Leben haben und es in Fülle haben, damit niemand von ihnen verlorengeht, sondern das ewige Leben hat20

Jeder Christ muß für seine Brüder ein guter Hirt sein und dies ganz besonders durch die brüderliche Zurechtweisung, das eigene Vorbild und durch das Gebet bezeugen. Wir sollten uns daher immer bewußt sein, daß jeder auf irgendeine Weise ein guter Hirt für die Menschen sein muß, die Gott uns an die Seite gestellt hat. Wir stehen in der Pflicht, ihnen - mit unserem Beispiel und Gebet - zu helfen, den Weg des Heils zu gehen und nicht seiner Gaben zu entraten oder sich seinem Rufe zu entziehen. Der gute Hirt wird uns zur Weide des ewigen Lebens führen.

Dem guten Hirten obliegt eine höchst schwierige Pflicht: sein Amt verlangt sehr viel Liebe und Geduld21, Mut23, Sanftmut, aber auch geistige Beweglichkeit24 und ein großes Verantwortungsbewußtsein25. Wer in diesem Amt seinen Auftrag mißachtet, fügt dem Volk Gottes schweren Schaden zu26: »Der schlechte Hirt treibt sogar die starken Schafe in den Tod«27.

Es sind vier Bedingungen, die der gute Hirt erfüllen muß. An erster Stelle steht die Liebe. Die Liebe war die einzige Tugend, die der Herr von Petrus forderte, als er ihm die Sorge für seine Herde übertrug. Dann kommt die Wachsamkeit, der Sinn für die Bedürfnisse der Schafe. Zum dritten bedarf es genauer Kenntnis der Lehre, um den Menschen geistliche Nahrung geben zu können und sie zum Heil zu führen. Und die wichtigste aller Eigenschaften ist schließlich die Heiligkeit und Makellosigkeit des Lebens.

Es ist unser aller Aufgabe, eindringlich darum zu bitten, daß der Kirche niemals gute Hirten fehlen; und besonders wollen wir für jene beten, die Gott als gute Hirten für unsere Seelen bestellt hat.

 

III. Jeder von uns braucht einen guten Hirten, der seine Seele anleitet, denn wer vermag sich ohne die Hilfe Gottes von sich aus zurechtzufinden? Mangelnde Sachlichkeit, das Eigeninteresse, mit dem wir uns selber sehen, und nicht zuletzt unsere Trägheit verdunkeln den Weg, der zum Herrn führt. All das mündet zuletzt in geistige Erstarrung, Lauheit und Mutlosigkeit. Jedoch »wie ein Schiff mit einem guten Steuermann gefahrlos den Hafen erreicht, so erreicht auch eine Seele mit einem guten Hirten leicht ihre Bestimmung, selbst wenn sie häufig fehlte.«28

»Wir begreifen sehr gut, daß zu einer Bergbesteigung ein Führer notwendig ist; er ist ebenso notwendig für den geistlichen Aufstieg zum Gipfel der Vollkommenheit, und um so mehr, als man die Schlingen dessen meiden muß, der uns am Aufstieg hindern will.«29

Geistliche Leitung ist nötig, damit wir am Ende unseres Lebens nicht dasselbe sagen müssen wie die Juden, nachdem sie vierzig Jahre hindurch ziellos durch die Wüste geirrt waren: Wir umzogen lange Zeit das Gebirge30. Damit wir nicht sagen müssen: Wir haben ohne einen Sinn gelebt, ohne zu wissen, wohin wir gehen, ohne daß uns unsere Arbeit und unser Studium Gott näher gebracht, ohne daß Freundschaften, Familie, Krankheit und Genesung, ohne daß Erfolge und Mißerfolge uns einen Schritt vorwärts gebracht hätten hin zu dem, was wirklich wichtig ist: Heiligung auf dem Weg zum ewigen Heil. Damit wir nicht sagen müssen, daß wir, ein paar flüchtigen Vergnügungen hingegeben, nur irgendwie gelebt haben, weil uns keine jenseitigen Ziele vorgegeben waren, für die wir uns hätten einsetzen können, kein sichtbarer Weg und kein Lenker.

Es wird immer wieder nötig sein, daß wir die Leitung unserer Seele einem andern anvertrauen, weil wir alle einmal ein aufmunterndes Wort brauchen, wenn wir auf unserer Suche nach Gott durch Mißerfolge entmutigt sind. Gerade dann bedürfen wir der Stimme eines Freundes, die uns sagt: Geh weiter! Du darfst nicht stehenbleiben, denn Gott gibt dir in seiner Gnade die Kraft, alle Schwierigkeiten zu meistern! Hierzu sagt uns der Heilige Geist in den Worten Kohelets: Zwei sind besser als einer allein. (...) Denn wenn sie hinfallen, richtet einer den anderen auf. Doch wehe dem, der allein ist, wenn er hinfällt, ohne daß einer bei ihm ist, der ihn aufrichtet.31 Mit dieser Hilfe wird es uns gelingen, uns innerlich zu sammeln und neue Kraft zu gewinnen, und wir werden unseren Weg fortsetzen.

Es ist ein besonderer Gnadenerweis Gottes, wenn wir jemanden haben, der uns freundschaftlich verbunden ist und der uns bei einer so wichtigen Angelegenheit wirklich hilft. Einen Ratgeber, dem wir vertrauensvoll unsere Seele öffnen können. Welches Glück, unsere verborgensten Gefühle jemandem anvertrauen zu können, der vom Herrn die besondere Gnade hat, uns zu helfen, der Verständnis für uns hat, der uns schätzt und uns neue Horizonte eröffnet, der uns Mut macht und für uns betet! Wichtig ist jedoch, daß wir uns an den wenden, der wirklich der gute Hirt für uns ist, an den, den der Herr zu unserem Ratgeber bestimmt hat.

Der heilige Lukas berichtet, wie groß das Bedürfnis des verlorenen Sohnes war, sich von der großen Last zu befreien, die seine Seele bedrückte; und auch Judas fühlte sich zermalmt von der Last seines Verrats. Der verlorene Sohn wendet sich an den richtigen Ratgeber und erlangt einen inneren Frieden, wie er ihn sich nicht hätte vorstellen können. Er gewinnt ein neues Leben. Judas hingegen hätte sich an Jesus wenden müssen, der ihn ungeachtet seiner Sünde aufgenommen und getröstet hätte, so wie er das ja auch mit Petrus tat. Er wandte sich jedoch an jene, die nicht berufen und so unfähig waren, ihn zu verstehen, die insbesondere nicht in der Lage waren, diesem Menschen zu geben, was er gebraucht hätte. Was geht das uns an? Das ist deine Sache32, wiesen sie ihn ab.

In der geistlichen Führung begegnen wir dem guten Hirten, der uns die nötigen Hilfen gibt, damit wir uns nicht verirren, damit wir den rechten Pfad wiederfinden, sollten wir einmal vom Weg zu Christus abgekommen sein.

 

 1. Lesung der Messe, Jes 30,21. - 2 Mt 9,35. - 3 vgl. Ez 34,23. - 4 vgl. Ez 34,16. - 5 Jer 23,4. - 6 Joh 10,11. - 7 Mt 15,24. - 8 1 Petr 2,25. - 9 Lk 15,3-7. - 10 Joh 10,4. - 11 Lk 12,32. - 12 Mk 6,34. - 13 Mt 25,32. - 14 Offb 7,17. - 15 Joh 10,3. - 16 Gal 2,20. - 17 II. Vat. Konz., Konst. Lumen gentium, 6. - 18 Eph 4,11. - 19 Joh 21,15-17. - 20 Johannes Paul II., Brief an die Priester, 8.4.1979, 7. - 21 Jes 40,11. - 22 1 Sam 25,7; Jes 31,4. - 23 Spr 27,23. - 24 1 Petr 5,2. - 25 Mt 18,12. - 26 Jes 13,14-15; Jer 50,6-8. - 27 Augustinus, Predigt 46, Über das Evangelium vom Guten Hirten. - 28 Johannes Klimakos, Die Leiter zum Paradies. - 29 R. Garrigou-Lagrange, Des Christen Weg zu Gott, Bd. 1, München 1957, S.281. - 30 Dt 2,1. - 31 Koh 4,10-11. - 32 Lk 27,4.

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